Fünfter Brief: Haialarm
Eva, meine große Liebe,
Die Nächte auf dem Meer sind lang, ruhig und einsam. Insofern habe ich Zeit Dir zu schreiben. Manchmal mehr als mir lieb ist. Bist du da ...? Die Zeit verrinnt mir zwischen den Fingern. Ich kann sie nicht halten. Je schneller sie läuft, desto unsicherer wird mein Gefühl, dich jemals wiederzusehen. Die Zeit ... sie reiht alles aneinander, ein Schiff an das nächste … einen Job an den nächsten … einen Hafen an den anderen.
Ein kleiner Trost: Ich sehe die Welt! Lerne umwerfende Strände, neue Kulturen kennen. Erlebe Dinge, von denen ich nie geträumt hätte, sie jemals erleben zu werden. Sie sind nicht immer lustig, nicht immer schön, sondern auch schmerzhaft: Wenn der Anker des Schiffs festhängt, auf dem ich gerade arbeite, dann muss ich als bester Taucher runter ins Meer. Obwohl sich da Haie tummeln. Das erste Mal bin ich zähneklappernd ins Wasser. Es war schrecklich. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Sie greifen nie ohne Grund an. Man muss Ruhe bewahren. Am besten immer zu zweit tauchen, Dann wirkt man größer in den Augen des Hais.
Tja, und vor wenigen Tagen – ich muss wohl eine ruckartige Bewegung gemacht haben – griff mich ein Hai an. Er erwischte mich am Arm. Die Wunde brennt höllisch, heilt aber inzwischen. Es wird wohl eine Narbe bleiben. Ob Du sie jemals sehen wirst?
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