SENDETERMIN So., 18.11.12 | 16:30 Uhr | Das Erste

Urnengräber statt Kirchenschließungen

Liebfrauenkirche in Dortmund
Liebfrauenkirche in Dortmund | Bild: WDR (TV-Bild)

Kirchenaustritte, leere Gemeindekassen und hohe Restaurierungskosten - haben unsere Gotteshäuser in ihrer Vielzahl ausgedient? Trotz der schwindenden Zahl an Kirchgängern steht fest: Die Sakralbauten der beiden großen Konfessionen haben sich etwas Identitätsstiftendes für die Menschen bewahrt. Ein Abriss oder gar die Umwandlung in Restaurants oder Bürogebäude ist für viele die letzte Option. Neue Nutzungskonzepte sind daher gefragt.

Kolumbarium - Urnenkammern im Kirchenraum

Seit der Antike bezeichnet man mit „Kolumbarium“ Urnenfriedhöfe, auf denen die Urnen der Verstorbenen in kleinen Kammern beigesetzt werden. Ergänzend zu den Erdbestattungen auf öffentlichen Friedhöfen entstanden im 19. Jahrhundert ebenfalls Kolumbarien, häufig in Form von Urnenwänden. Die Rückkehr Verstorbener in den Kirchenraum greift religiöse und historische Vorstellungen auf, dass die Toten nah bei den Lebenden und bei Gott sind. Was früher aber meist nur Adel, Klerus und Wohlhabenden vorbehalten war, ist nun in immer mehr Sakralbauten hierzulande für jeden Bürger möglich, allerdings nur als Urnenbeisetzung. Erste Beispiele für diese Nutzungserweiterung ist die Kirche St. Josef in Aachen. Hier sind seit 2006 Urnenbestattungen erlaubt.

Bronzeplatten, Stelen oder Betonbänder

Totale innen mit Grabplatten
Totale innen mit Grabplatten | Bild: WDR (TV-Bild)

Architektonisch gibt es sehr unterschiedliche Konzepte. Die neugotische Liebfrauenkirche in Dortmund ist heute nur noch Kolumbarium . Ähnlich einer traditionellen Friedhofsbestattung können die Urnen in die Erde gesenkt werden. Einige geheizte Sitzmöglichkeiten neben den bronzenen Urnengrabplatten vermitteln den Angehörigen das Gefühl, ihren Verstorbenen nahe zu sein. Kleine Vasen, Kerzenhalter und Namenstafeln ermöglichen einen persönlichen Grabschmuck.

Verschiedene Urnenschreine
Verschiedene Urnenschreine | Bild: WDR (TV-Bild)

In der nur 40 Jahre alten Grabeskirche Heilig Kreuz in Mülheim/Ruhr blieb der geweihte Raum für Gottesdienste im Mittelschiff erhalten. Getrennt durch bewegliche stählerne Paravents befinden sich hier an den Wänden die Schreine – wahlweise aus Stahl, Naturstein oder Holz. Ein einziges Betonband – das „Band des Lebens“ - vom Taufbecken im Vorderteil durchzieht die Kirche. Über an den Wänden entlang schlängelnden Urnenfächern endet das Band am Altar.

Vorne Grabkammer, dahinter Gottesdienst
Vorne Grabkammer, dahinter Gottesdienst | Bild: WDR (TV-Bild)

Leben, Tod und die Hoffnung auf Wiederauferstehung ist auch die Grundidee in der gotischen Hallenkirche St. Pauli in Soest. Im hinteren Teil befinden sich acht schlichte Stelen mit den Urnengräbern. Getrennt durch eine kunstvoll gestaltete Glaswand finden weiterhin Gottesdienste, Hochzeiten und Taufen statt.

Begräbniskosten als Finanzierungshilfe für die Kirche

Die Preisgestaltung für ein Urnengrab variiert: Im profanen Kirchenbau in Mülheim/Ruhr kostet eine Gemeinschaftsgrabkammer 1.500 Euro, ein Einzelschrein 2.000 Euro. Der Preis für ein Einzelgrab in Dortmund beträgt je nach Lage 1.600 oder 3.000 Euro, für zwei Urnenplätze 7.000 Euro. In Soest kostet eine Urnenkammer 2.700 Euro, jeweils einschließlich eines 20-jährigen Nutzungsrechts. Danach finden in allen genannten Kirchen die Toten nach Ablauf des Nutzungsrechts in einem Aschebrunnen ihre allerletzte Ruhestätte. Jede Gemeinde mit Kolumbarium bietet auf Wunsch auch eine Trauerbetreuung an. Begräbnisfeiern können ebenfalls vor Ort entweder kostenlos oder gegen einen kleinen Aufpreis stattfinden. Die Einnahmen dienen den Gemeinden als Refinanzierung ihrer hohen Instandhaltungskosten. Aufgrund der großen Akzeptanz und Nachfrage erweitern die Architekten mittlerweile in Mülheim/Ruhr die Urnenfelder.

Autor: Klaus Kuderer

Stand: 31.05.2013 09:29 Uhr

Sendetermin

So., 18.11.12 | 16:30 Uhr
Das Erste

Manuskript zur Sendung