Gespräch mit Maria von Heland

"Es wird viel von starken Frauen gesprochen. Sie dürfen bloß nicht ihre Männer in den Schatten stellen.

Nina Pfeffer (Silke Bodenbender), Alex Bellheim (Steven Scharf) und Bauherrin Lene Müller zu Waldstetten (Nina Petri)
Szenenbild: Nina Pfeffer stellt ihrem Chef Alex Bellheim und Bauherrin Lene Müller zu Waldstetten ihr Traumhaus vor. | Bild: ARD/Degeto/Aspekt Telefilm / Gordon Timpen

Frau von Heland, was macht für Sie den besonderen Reiz dieses Filmstoffes aus?

Die Beziehung zwischen Mann und Frau. Nina ist hoch ausgebildet, verdient mehr, hat trotzdem eine Auszeit für die Kinder genommen. Thorsten hat gearbeitet, verdient weniger, nicht genug, um den Lebensstandard der Familie auf Dauer zu gewährleisten. Was passiert mit deren Beziehung, wenn sie wieder arbeiten gehen muss. Theoretisch ist ihr Job wichtiger als seiner, da sie die Familie ernährt. Schwierig für die Liebe. Schwierig für ihn. Sie versucht es nicht zu thematisieren, damit er sich noch wichtig fühlt, dadurch wird er nicht ernst genommen. Die Beziehung wird getestet. Unser Film ist eine Komödie mit Happy End. Im wahren Leben geht es nicht immer so gut aus. Wir denken viel zu oft, dass Geld und Erfolg definieren, wer wir sind. Es ist immer noch, auch im Jahr 2017, schwierig, Männer zu finden, die Lust haben "der starke Mann hinter einer erfolgreichen Frau" zu sein. Ist halt nicht so sexy. Schade eigentlich.

Ihre Hauptfigur "Nina" muss einiges durchmachen, um Mann, Kinder und Beruf unter einen Hut zu bekommen und scheitert fast daran. Wie viel Ihrer eigenen Erfahrung als Regisseurin und Mutter von drei Kindern sind in den Film eingeflossen?

Klar spielt meine Erfahrung mit, aber auch die von der Autorin Katja Kittendorf. Es ist ihre Idee gewesen. Das Problem ist ja nicht, Kinder und Arbeit unter einen Hut zu bekommen. Das machen ja Frauen überall. Es geht darum, dass Ninas Job keinen Platz einnehmen darf. Kinder und Haushalt muss man schon perfekt hinbekommen, der Job darf das nicht stören. Klar machen mehr und mehr Männer im Haushalt mit, aber deren Job muss immer mindesten genauso wichtig sein. Und wenn Männer arbeiten, dürfen sie nicht gestört werden. Es ist immer noch so, dass die meisten Alltagsaufgaben, was die Familie betrifft, von Frauen gemacht werden. Auch, wenn sie es sind, die die Familie ernähren. Frauen sollen omnipotent sein und die Männer werden dadurch impotent. Ist ziemlich traurig für alle Beteiligten. Die Liebe wird in Frage gestellt, weil wir versuchen, unsere Leben nach uralten Vorlagen weiterzuführen. Da wird zwar viel von starken Frauen gesprochen, sie dürfen bloß nicht ihre Männer in den Schatten stellen. Ich persönlich habe meine Kinder priorisiert und meine Karriere nach hinten gestellt. Das bedeutet, dass ich meine Kinder gut kenne und das ist toll. Es heißt aber auch, dass ich noch mein ganzes Berufsleben vor mir habe. Auch das ist toll. Trotzdem muss ich noch beweisen, dass es möglich ist, eine Karriere als Regisseurin anzufangen, wenn die Kinder groß sind. Ich arbeite daran.

Obwohl "Eltern und andere Wahrheiten" als Familienkomödie betitelt wird, behandelt der Film doch ein hochaktuelles Thema, an dem sich die Gemüter immer wieder erhitzen. Machen wir Deutschen in puncto Frau und Beruf etwas Grundlegendes falsch?

Nein! Um Gottes Willen nicht. Das klingt fast so, als ob die Frauen aus dem Beruf ausscheiden und zurück zum Herd sollen. Ich glaube, wir machen in Deutschland eher etwas Grundlegendes falsch in puncto Männer und Beruf. In Schweden nehmen 90% der Männer Elternzeit. Im Jahr 2015 waren in Deutschland fast ein Viertel aller Mütter, deren jüngstes Kind unter 6 Jahren ist, in Elternzeit. Bei den Vätern traf dies nur auf knapp 2 % zu.

Welche Rolle weisen Sie den Männern in ihrem Film zu?

Das sind richtig tolle Männer. Sie sind voller Liebe und auch Bewunderung für unsere Nina. Klar gibt es Konflikte, aber sie sind offen und entwickeln sich. Vorbilder sind sie! Tom Wlaschiha und Steven Scharf sind darüber hinaus kluge, wunderbare, intelligente, sensible Menschen, die keine Angst haben, auch mal politisch inkorrekt oder unsympathisch zu sein. Das ist toll. Aber klar gibt es ein bisschen gesunde Wut gegen stockkonservative Männer, die nicht bereit sind zu akzeptieren, dass sich nicht alles um sie und um ihre Arbeit dreht, vor allem, wenn sie nicht die Rechnungen begleichen. Diese Idee davon, was der Mann sein muss, macht vieles kaputt. Frauen arbeiten seit mehr als einhundert Jahren an ihrer neuen Rolle in der Gesellschaft. Jetzt sind die Männer dran. Sie haben schon einiges zu tun, um sich neu zu definieren. Es ist hart für manche Alpha- Männer zu akzeptieren, dass die Steinzeit vorbei ist.

Haben Sie sich im Rahmen der Dreharbeiten mit Silke Bodenbender und Nina Petri über die "Working Mum" Problematik auch privat unterhalten?

Natürlich, das ist ein tolles Thema. Da gibt es viel zu kichern. Wir waren ja auch nicht zu Hause während des Drehs. Kinder leiden, wenn Eltern viel arbeiten. Das ist schlimm. Am liebsten wären wir zwei Personen. Aber egal wie viel Multitasking wir schaffen, wir können uns nicht klonen. Es ist hart, dass wir in einer Zeit leben, wo eigentlich für nichts genügend Zeit ist. Und wir wollen ja für unsere Kinder da sein und geben unser Bestes.

Gibt es eine Szene im Film, an die Sie heute noch immer denken müssen? (An die Sie sich immer noch gerne erinnern?)

Die Scheidungsszene. Die ist schön absurd, kocht vor Konflikt, und es wird uns als Zuschauer klar, wie sehr die beiden sich lieben. Auch am Set gab es einige Konflikte. Wir haben uns aber auch sehr geliebt.

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