Goldgräber-Stimmung im Solarbereich

Pressemeldung, 10.10.2023 | Verbraucherschützer warnen: Bundesweit Fälle von Abzocke bei Kauf und Installation von Photovoltaikanlagen

Bundesweit wird gegen diverse Firmen ermittelt, die Solaranlagen vertreiben. Das haben Recherchen des ARD-Politikmagazins REPORT MAINZ ergeben. Manche Kunden haben nach Vertragsabschluss für eine Photovoltaikanlage Schadenssummen von bis zu 200.000 Euro zu verzeichnen.

Ein Arbeiter steht auf einem Gerüst vor einem Hausdach um Solarpanel zu installieren.
Noch lange nicht fertig: Der Ausbau der Solarenergie in Deutschland.  | Bild: dpa/Rolf Haid

Die Probleme sind vielfältig: Anlagen, die nie fertig gestellt werden, jahrelange Bauzeiten oder Schäden am Dach. Die Schadensummen sind oftmals so hoch, weil viele Firmen auf Vorkasse bestehen.

Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften bundesweit

Beispielsweise liegen mehrere Anzeigen gegen die Firma Ein-Stein-Kompetenzzentrum GmbH mit Sitz im rheinland-pfälzischen Oppenheim vor. Diese hatte mit speziellen Solardachziegeln um Kunden geworben. Doch trotz hoher Vorauszahlung seien Teile oft nicht geliefert und Leistungen nicht erbracht worden, kritisieren mehrere Betroffene gegenüber REPORT MAINZ. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt. Die Firma selbst hat inzwischen Insolvenz angemeldet. Anfragen des ARD-Politikmagazins ließ das Unternehmen unbeantwortet.

Ermittlungen laufen ebenfalls gegen den Photovoltaikanbieter Bestsolar aus Nordrhein-Westfalen. Hier gibt es ca. 50 mutmaßlich Geschädigte. Viele Hausbesitzer kritisieren gegenüber REPORT MAINZ, sie würden weiterhin auf die Fertigstellung ihrer Anlagen warten. Bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld sind mittlerweile 34 Anzeigen eingegangen, die vorläufige Schadenssumme soll sich auf ca. 350.000 Euro belaufen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Auch hier blieben die Anfragen von REPORT MAINZ an das Unternehmen unbeantwortet.

Experten fordern strengere Kontrollen in der Solarbranche

Beim Bau der Solaranlagen sind Montage- und Dacharbeiten weitestgehend unreguliert. Dies sei ein Einfallstor für Pfusch bei der Installation, kritisiert Experte Holger Laudeley. Er ist Gutachter bei Gerichtsstreitigkeiten im Bereich Photovoltaik. „Es werden eklatante Grundregeln der Elektrotechnik außer Acht gelassen. Heute darf jeder eine Photovoltaikanlage bauen, der sich irgendwie auf dem Dach festhalten kann. Da müssen Regeln her.“

Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt gegenüber REPORT MAINZ, für den Verkauf von Photovoltaikanlagen seien keine „Qualifizierungsanforderungen bekannt“. Weitere Nachfragen lässt das Ministerium unbeantwortet.

Experten und Verbraucherschützer warnen

Verbraucherschützer warnen, dass Firmen ausnutzen würden, dass es nicht ausreichend Kontrollen gäbe. So würden immer wieder Fälle bekannt von Unternehmern, die selbst nach einer Verurteilung weiter in der Branche tätig seien. Matthias Bauer, Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, warnt gegenüber dem ARD-Politikmagazin: „Die Firmen, die sich hier als grenzwertig zeigen, haben deutlich zugenommen. Manche haben auch ihren Namen geändert, nachdem wir sie abgemahnt haben. Aber die sind schon wieder auffällig. Also es hört nicht auf, das ist wie eine Hydra.“