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Ukraine: Mariupol – Symbol für Putins brutalen Krieg

Ukraine: Mariupol – Symbol für Putins brutalen Krieg | Bild: picture alliance/dpa/XinHua / Victor

Der Kampf um die Hafenstadt Mariupol gehört zu den brutalsten Episoden des russischen Krieges gegen die Ukraine. Polens Präsident vergleicht die Angriffe des russischen Militärs auf die Stadt mit den Nazi-Verbrechen vor 80 Jahren, zivile Ziele werden ebenso beschossen wie militärische Einrichtungen. Es scheint, als wolle Putins Militärmaschine an Mariupol ein Exempel statuieren. Dennoch wehren sich die ukrainischen Einwohner, wollen keine Kapitulation erklären.

Nun beschießen sie auch ihren Wohnblock, Natalia Koldash rennt um ihr Leben. Der Bombenterror der Russen hört einfach nicht auf. Ob sie Mariupols Zivilbevölkerung gezielt bombardieren? Wer weiß das schon "Papa, ich kann nicht mehr!" Natalia ist mit den Nerven am Ende: "Wir haben keinerlei Informationen. Als ob wir irgendwo im Wald lebten. Die Behörden hätten uns doch sagen müssen, was los ist und wo es gefährlich wird!"

Schutzlos und alleingelassen in Mariupol

Schutzlos und alleingelassen fühlen sie sich in der von russischen Truppen belagerten Stadt. Viele versuchen zu fliehen. Doch die Angreifer haben die Stadt eingekesselt, lassen zunächst niemanden entkommen. Mariupol wird zur Hölle auf Erden. 20 Tage lang dokumentieren die AP-Reporter Mstyslav Chernov und Evgeniy Maloletka hier die Gräuel des Krieges. Jeden Tag retten Feuerwehrleute Verschüttete, versorgen Schwerverletzte, bergen Tote aus den Trümmern.

Eine Mutter bangt um ihre Tochter, die Kleine ist schwer verletzt. "Kommt, wir können es schaffen, ruft ein Sanitäter." Die Ärzte kämpfen um ihr Leben, doch das Mädchen hat schon zu viel Blut verloren. Nebenan versuchen sie zwei Jungen zu retten, die vor ihrem Wohnhaus getroffen wurden. Für den Teenager Iliya kommt jede Hilfe zu spät, er stirbt ihnen unter den Händen weg, vor den Augen seines Vaters Serhii.

Nun gehen in der Stadt auch die Lebensmittel aus, die Stromversorgung bricht immer wieder zusammen. Für die Belagerten droht die letzte Verbindung zur Außenwelt abzureißen. In Kellergewölben haben sie Notunterkünfte eingerichtet für die vielen Schutzsuchenden der eingekesselten Stadt. Hier gibt es mitunter eine warme Mahlzeit – und ein wenig Trost.

Ukraines Präsident Zelenskij spricht von schweren Kriegsverbrechen

Ein besonders düsterer Tag ist der 9. März: Russen bombardieren ein Krankenhaus. Es trifft auch die Entbindungsstation, unter den Verletzten einige Hochschwangere. Ukraines Präsident Zelenskij spricht von schweren Kriegsverbrechen. Sie begraben die vielen Toten in hastig ausgehobenen Massengräbern, wegen der Seuchengefahr und des Bombenterrors.

Nach wochenlanger Belagerung wird nun auch das Wasser knapp in Mariupol. Und die Hoffnung auf einen Waffenstillstand schwindet. Aus sicherer Entfernung nehmen Putins Truppen die Hafenstadt ins Visier, die Ziele der Artillerie wirken wahllos. "Das sind Flugzeuge, oder?", die bange Frage einer Krankenschwester. Im Kreißsaal bringt Marianna ihre Tochter zur Welt: Veronika. Geboren in einer belagerten Stadt. Arzt Valerij Drengar zeigt den Reportern den Krankenhauskeller. Wo sonst Lebensmittel gelagert werden ist nun eine Leichenhalle. Lauter Menschen, die der Arzt nicht retten konnte: "Weil auch andere Krankenhäuser bombardiert wurden, konnte keiner die Leichen abholen, es gibt ja auch keinen Rettungsdienst mehr, es gibt niemanden mehr. Ich weiß auch nicht, was wir mit den Toten tun, wie wir sie bestatten sollen. In einem Massengrab? Man gewöhnt sich ja an vieles, aber am Abend kriegst Du diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf", sagt er leise. Dann muss der junge Arzt wieder nach oben, sich um die Verletzten kümmern.

Viele hier verstehen nicht, warum die Welt tatenlos zusieht, wie Russlands Truppen ihre Stadt auslöschen. "Helft uns, dies sind doch Wohngebiete! Mariupol ruft S.O.S. Frauen und Kinder werden getötet, die Krankenhäuser überfüllt – warum sind wir hier? Für einen Völkermord?", sagt Olga Budko aufgebracht. Nebenan sind die Neugeborenen, notdürftig mit einer Matratze vor Glassplittern geschützt – die jüngsten Bewohner Mariupols.

Autor: Stefan Niemann

Stand: 27.03.2022 21:31 Uhr

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