So., 07.06.20 | 19:20 Uhr
Das Erste
USA: Elon Musk – ein exzentrischer Visionär?
Elon Musk hat den USA die Rückkehr zur bemannten Raumfahrt ermöglicht. Mit seinem Raumfahrt-Unternehmen SpaceX hat Musk vor einigen Tagen erstmals zwei Astronauten auf die Weltraumstation ISS gebracht. Er träumt vom Reisen zwischen den Planeten. Und er will, dass alle mitträumen: "Das Raumschiff ist von Menschen gemacht. Für Menschen. Darüber sollte sich die Menschheit an diesem Tag freuen und stolz darauf sein."
Nach 18 Jahren hofft Musk nun auf ein Geschäft mit den wiederverwendbaren Raketen. Ob die Röhre unter der Erde als Alternative zum Stau oder der Cybertruck – Musk macht kein Geheimnis aus seiner Vorliebe für Science-Fiction. "Schon als Kind habe ich mich gefragt, was der Sinn des Lebens ist, warum wir hier sind, worum es geht. Ich kam zu dem Schluss, was wirklich zählt, ist, die richtigen Fragen zu stellen."
Musk umstrittener Arbeitgeber
Mit dem Unternehmen Tesla treibt der Entwickler die Elektromobilität voran. Er will den großen Autokonzernen die Stirn bieten. Immer wieder wirbt er auch Ingenieure und Designer aus Deutschland ab – so wie André Franco Luis. Ihn holte Musk 2011 nach Kalifornien. Fünf Jahre arbeitet Luis bei Tesla. Dann wirbt ihn ein anderes Unternehmen ab. Bis heute ist der Designer begeistert von seinem früheren Chef. Er zählt sich zu den "Gläubigen". Musk lasse ihn nicht mehr los: "Elon ist jemand, der durch dick und dünn geht für das Produkt. Für ihn ist der Kunde das Wichtigste. Und der sich aber auch nicht zu schade ist, sich entweder selber die Hände schmutzig zu machen oder sogar am Band zu schlafen, wenn es wichtig ist, gewisse Fahrzeugqualitäten abzunehmen."
Ob man zu den sogenannten Gläubigen gehört, hängt wohl auch davon ab, in welchem Bereich von Tesla man arbeitet und ob man sich eines der immer noch recht teuren Autos selbst leisten kann. Manche Arbeiter klagen über niedrige Stundenlöhne, schlechte Sozialleistungen und großen Erfolgsdruck. Eine gewerkschaftliche Organisation hatte Musk verhindert. "Er treibt die Belegschaft in einem unglaublichen Ausmaß an. Das hat gesundheitliche Folgen durch Stress. Es kommt zu Arbeitsunfällen. Und im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hat er versucht, die Fabrik wieder aufzumachen, bevor es medizinisch sicher war", sagt Soziologe Chris Brenner von der University of California in Santa Cruz.
Auf Twitter hatte Musk nicht nur angekündigt, allen physischen Besitz verkaufen zu wollen, sondern auch gefordert: "Befreit Amerika jetzt" – in Großbuchstaben wie US-Präsident Trump das gerne macht. Musk postet, dass der Preis der Tesla-Aktie zu hoch sei. Alles verunsichernde Botschaften für Anleger. Einmal probierte er einen Joint bei einem Radiointerview. Jetzt gibt er seinem neu geborenen Baby einen unaussprechlichen Namen.
Musk setzt auf Gigafabriken
Driftet das Genie gen Wahnsinn? Das fragen sich Kritiker. "Weniger wäre mehr", sagt Management-Experte Jeffrey Sonnenfeld. Musk solle sich stärker zurückhalten. "Er leitet das Geschäft wie ein Start-up-Chef. Aber wenn ein Unternehmen schon länger existiert, dann muss mehr delegiert und zusammengearbeitet werden. Es braucht mehr Sachverstand. Es kann nicht länger vom Unternehmer im Zentrum geleitet werden. Der Konzern ist zu sehr auf Musk allein ausgerichtet."
Musk setzt auf sogenannte Gigafabriken, riesige Anlagen, die je nach Produktionsbedarf erweitert werden können. Eine, die dieser Fabrik ähnlich ist, baut Tesla zurzeit in Brandenburg. Viele in den USA fragen sich, wie ein Elon Musk mit der deutschen Arbeitswelt zurechtkommen wird. In China ist er Kult und spielt damit. "Deutschland hat starke Gewerkschaften und strenge Arbeitsvorschriften. Meine Hoffnung ist, dass das seine Extreme mäßigen wird, sodass Deutschland davon ökonomisch profitieren kann, ohne die Arbeiter dabei auszubeuten", sagt Chris Benner.
André Franco Luis ist überzeugt, dass Elon Musk die richtige Inspiration für seine Landsleute sein kann. Auch weil er sich von Rückschlägen nie entmutigen lässt. Weder von explodierenden Raketen noch von Unfällen halbautonom fahrender Autos. "Er packt die Dinge sehr groß an, mit großer Vision. Dass die Leute da nicht zimperlich sind, das ist klar. Und ich denke auch, dass der Erfolg immer seine Neider hat", sagt Luis.
Autorin: Claudia Buckenmaier, ARD-Studio Washington
Stand: 08.06.2020 13:21 Uhr
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