So., 16.02.25 | 18:30 Uhr
Das Erste
Belize: Indigene Garifuna kämpfen um ihre Kultur
Karibische Gefühle wollen bei den Freunden nicht aufkommen – trotz Palmen und weißem Sandstrand. Auf Marley Chris Chatuye hören viele bei den Garifuna, einer kleinen Volksgruppe in Belize, in der Karibik. Ihre Kultur steht mächtig unter Druck, doch ihren Stolz hat man den Garifuna nicht nehmen können. "Wir haben unsere eigene Tradition, eigene Musik, Tanz, Spiritualität, Essen – und unsere eigene Sprache", sagt Marley.
Neue Hotelanlagen: Kultur der Garifuna steht mächtig unter Druck
Mit dem Außenborder geht es heute zu den Gräbern ihrer Vorfahren. Die ganze Tragik des winzigen Volksstammes zeigt sich an diesem Strand. Belize – überall gibt es Ferienresorts. Direkt daneben haben Tourismusmanager schon Stacheldrähte und Metallzäune in den Boden gerammt. Hier entsteht die nächste Bettenburg, ein Filetstück. Und genau hier liegt der Friedhof der Garifuna. "Bauarbeiter haben Knochen gefunden, jetzt will man die Gräber ausheben, um hier dieses riesige Ferienresort zu bauen. Wir haben die Käufer angefleht, damit aufzuhören. Aber sie machen weiter, bis heute. Kein Respekt vor den indigenen Rechten, kein Respekt vor uns", sagt Marley Chris Chatuye.
Belize wurde erst 1981 von England unabhängig, Amtssprache ist Englisch. Der Karibikstaat ist ein Magnet für zahlungskräftige Nordamerikaner. Fastfoodketten sind überall in Belize auf dem Vormarsch, dabei haben die Garifuna kulinarische Highlights hervorgebracht. Zum Beispiel Hudut – Barsch mit frischer Kokosmilch, frischen Kräutern, frischem Okra und einem aufwendig gestampften Bananenpüree. Solche Hochgenüsse der Garifuna-Kultur gilt es zu bewahren. "Kultur heißt, in Ruhe improvisieren zu können. Die moderne Welt wird dagegen immer schnelllebiger, alles geschieht mit rasanter Geschwindigkeit, wenn irgendetwas fehlt, gibt es sofort Ersatz. Und deshalb sind wir dabei, unsere Originalität zu vergessen zugunsten des schnellen Ersatzes. Unsere junge Generation droht, unsere Kultur zu verlieren", sagt Garifuna-Koch Thurman Alton Celgado.
Garifuna – die bedrohten Volksgruppe kämpft um seine Sprache
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Die Garifuna tun alles, damit es nicht so weit kommt. Überall im Lande: Sprachwettbewerbe wie im Städtchen Punta Gorda, live übertragen vom nationalen Fernsehen. "Die Erwachsenen haben die Aufgabe, ihren Kindern Garifuna beizubringen. Darum geht es doch: verlierst du deine Sprache, verlierst du deine Kultur", sagt Armin Aranda von Love TV. Sobald Trommeln im Spiel sind, hält es Groß und Klein einfach nicht mehr auf dem Stuhl. Schwarz-Weiß-Gelb sind die Farben der bedrohten Volksgruppe. An dieser Flagge kommt in Belize niemand vorbei. In der katholischen St.-Joseph-Grundschule in Barranco, dem südlichsten Dorf des Landes, pauken die Schüler Vokabeln – Englisch-Garifuna. Der Wortschatz ändert sich, je nachdem ob ein Mann spricht oder eine Frau. "Frauen sind weicher, sie sprechen auch weicher. Männer sind viel rauer", erklärt Schulleiterin Loma Linda Rodriguez.
Noch einmal sind wir im Boot unterwegs mit Marley. Der Vater von zwei Kindern war Reiseführer. Als er anfing, für die Rechte seines Volkes zu kämpfen, haben die Tourismusmanager ihn rausgeworfen. Dieser Ort an einem entlegenen Strand ist den Garifuna heilig. Doch auch diese spirituelle Stätte wird bald einem neuen Luxus-Resort weichen. Der Grenzpfosten ist schon eingeschlagen. "Wir kämpfen nicht, um Entwicklung und Fortschritt zu stoppen. Wir wollen, dass unsere Rechte respektiert werden. Sie dürfen unsre legitimen Ansprüche achten und mit uns zusammenarbeiten. Wir können nicht kapitulieren. Wir können unsere heiligen Orte nicht so mir nichts, dir nichts aufgeben. Niemals!"
Von den etwa 7.000 Sprachen weltweit droht die Hälfte auszusterben. Dass Garifuna noch existiert, ist ein kleines Wunder. Es liegt an hochmotivierten Lehrerinnen und Lehrern, am Trommeln und Tanzen und an Kultur-Kämpfern wie Marley.
Autor: Thomas Aders, ARD-Studio Mexiko-Stadt
Stand: 16.02.2025 20:05 Uhr
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