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Finnland: Wie die Unterseekabel schützen?

Finnland: Wie die Unterseekabel schützen? | Bild: NDR

"Runter, hoch. Runter, hoch. Wenn euch kalt wird, macht eine Faust! Die Schultern hoch und wieder lockern. Dann wird euch wieder warm!" Aufwärmtipps gegen die Kälte. Wir sind in Hanko. Im Süden Finnlands. Der Wind pfeift. Die Temperaturen: knapp über dem Gefrierpunkt. Sampsa Vilhunen vom WWF will trotzdem an den Strand. Und diese Freiwilligen sollen mit. Der Umweltschützer verteilt Rechen, Schaufeln und Eimer. Denn am Strand wartet auf die Gruppe viel Arbeit. Diese kleinen, fettigen Klumpen. Überall hier verteilt. "Das ist eine Fettmischung. Ein Schiff mit Tierfett hat da draußen offenbar seinen Tank gereinigt und das Wasser dann einfach ins Meer gelassen", erklärt Sampsa Vilhunen.

Russische Schattenflotte – eine tickende Zeitbombe

Die Fettklumpen seien eine gute Übung, glaubt Sampsa. Aber die Umweltschützer bereiten sich längst auf Schlimmeres vor. Denn da draußen auf der Ostsee fahren tickende Zeitbomben, sagt der Finne. Die Schiffe der russischen Schattenflotte. "Es haben sich schon über 10.000 Finnen bei uns gemeldet. Die im Falle eine Ölkatastrophe helfen wollen. Denn vor unserer Küste gibt es sehr viel Schiffsverkehr. Die Schattenflotte besteht aus alten Schiffen. Tankern mit einfachem Rumpf. Deshalb sind die Risiken sehr groß, dass etwas passiert. Man muss auf alles vorbereitet sein", sagt Vilhunen.

Ihre Küste sei in Gefahr. Das sagen nicht nur die Umweltschützer. Am Hafen von Helsinki legt ein Patrouillenboot der finnischen Küstenwache ab. Ilja Iljin und seine Männer haben den Finnischen Meerbusen im Blick. Und damit auch die verdächtigen Schiffe. "Die Schattenflotte fährt hier seit Beginn des Krieges in der Ukraine. Wir beobachten täglich etwa ein Dutzend Schiffe. Sie transportieren Öl aus den russischen Häfen von Ost nach West." Oft können die Beamten nur zuschauen. Denn die Schiffe verkehren in internationalen Gewässern. Besonders jetzt im Winter sei die Gefahr vor ihren Küsten am größten: "In diesem Winter hatten wir kaum Eis. Aber der Finnische Meerbusen ist im Winter häufig zugefroren. Und diese Schiffe haben viel Öl geladen und sind nicht für die Fahrt im Eis gebaut. Das Risiko, das etwas passiert, ist enorm."

Finnlands Küstenwache im Einsatz

Schiff in einer Bucht.
Die "Eagle S" hat eine Stromleitung und vier Datenkabel zerstört. | Bild: NDR

Finnlands Küstenwache ist in erhöhter Alarmbereitschaft. Schon einmal ging ihnen ein mutmaßliches Schattenschiff ins Netz. Im Dezember beschlagnahmen sie vor Finnlands Küste die "Eagle S". Der Öltanker hatte zuvor eine Stromleitung und vier Datenkabel zerstört. Fotos belegen später, dass der tonnenschwere Anker über Kilometer über den Grund der Ostsee gezogen wurde. Bis heute liegt das Schiff in einem Hafen bei Helsinki. Ermittler bereiten seit Wochen eine Anklage vor.

Ulla Tapaninen geht von Sabotage aus. Die Professorin für Seerecht hat aber wenig Hoffnung, dass die Auftraggeber gefunden werden. "Wir schätzen, dass etwa 400 bis 600 Schiffe zur Schattenflotte gehören. Es gibt aber wohl auch Schiffe, die manchmal im Rahmen der Schattenflotte agieren und dann wieder ganz normale Aufträge annehmen. Insgesamt, so schätzen wir, transportieren 2.000 wenn nicht sogar 3.000 Schiffe russisches Öl."

Zerstörte Stromkabel – Auswirkungen enorm

Die Geschädigten sind sie: Das Unternehmen Fingrid exportiert finnischen Strom nach Estland. Zwei solcher Leitungen gibt es zwischen den beiden Ländern. Durch den Schaden an einem der beiden Kabel sei die Stromversorgung zwar noch nicht ausgefallen. Trotzdem seien die Auswirkungen enorm. "Die Reparatur eines solchen Kabels ist ausgesprochen schwierig. Ein Meter wiegt 80 Kilogramm. Es ist Spezialausrüstung nötig. Und das zu reparieren ist anspruchsvolle Handarbeit. Auf hoher See wird ein Ersatzkabel an das intakte Kabel angeschlossen und dann müssen wir etwa 15 Meter Kabel nachbauen. Es sind Hunderte von Arbeitsschritten", erklärt Kimmo Nepola vom Energieunternehmen Fingrid.

Die Umweltschützer in Hanko wissen, dass mittlerweile auch die NATO auf der Ostsee unterwegs ist. Mit Patrouillenfahrten. Aber allein darauf wollen sie sich nicht verlassen. "Wenn herauskommen sollte, dass jemand absichtlich die Kabel und Leitungen beschädigt hat, dann kann man sich auch vorstellen, dass jemand absichtlich ein Ölunglück irgendwo in der Ostsee herbeiführen könnte", sagt Umweltschützer Sampsa Vilhunen.
Die Fettklumpen haben sie eingetütet. Der Strand in Hanko ist wieder einigermaßen sauber. Jetzt halten sich sie bereit. Sollte da draußen noch etwas Schlimmeres passieren.

 Autor: Christian Blenker, ARD-Studio Stockholm

Stand: 16.02.2025 20:04 Uhr

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