So., 18.10.20 | 19:20 Uhr
Das Erste
Australien: Überleben im Busch
Wie überlebe ich in der Wildnis? Das will Mark Bernard hier lernen. Vor kurzem ist er 48 geworden. Dazu kam der Lockdown. All das macht ihn nachdenklich.
Wildnis-Überlebenskurse für Jung und Alt
Als junger Mann hat Mark mal auf einer Farm im Outback gearbeitet. Freiheit, nach diesem Gefühl sehnt er sich wieder. Im Wildnis-Überlebenskurs trainiert er jetzt, wie man Wasser durch einen Lederbeutel filtert. "Ich habe den Busch vermisst. Diese starke Verbindung. Man fühlt sich einfach so viel besser hier. Alles fühlt sich hier so viel besser an. Das Leben in der Stadt ist so künstlich, so abgeschottet von allem. Das hier nicht", so Mark Bernard, Koch.
Sein Sohn Joseph sieht das ganz anders. Etwas gelangweilt stolpert er durch den Wald. Der 13-Jährige macht nur seinem Vater zuliebe hier mit. Viel lieber wäre er jetzt zuhause vorm Computer, um mit Freunden Fortnite zu spielen.
"Die Online Welt hat doch etwas so Verbindendes. Ich mag das wirklich so, so sehr. Ich kann digital mit meinen Freunden abhängen, obwohl wir dieses Covid-Ding haben. Wir werden beim Spielen immer besser und erleben das alles gemeinsam", sagt Joseph Bernard, Schüler.
Hohe Nachfrage für die Kurse
Drei Tage in der Wildnis am Rande von Sydney. Solche Kurse sind derzeit in Australien schnell ausgebucht. Auch Sozialarbeiterin Simone hat die Covid-Pandemie hierhergebracht. Als sie sah, wie im Supermarkt alle zum Toilettenpapier stürmten, kam sie ins Grübeln. "Die aktuelle Lage in der Welt zeigt uns, dass wir nicht so abhängig von anderen sein sollten. In einer Notsituation muss man sich auch selbst zu helfen wissen. Aber ich bin schon mit grundlegenden Techniken überfordert, die Generationen vor uns ganz selbstverständlich draufhatten", so Simone Graham, Jugendsozialarbeiterin.
Der Coach zeigt der Gruppe, welche Pflanzen im Wald essbar sind und wie sie sich auch ohne Kompass und Karte zurechtfinden können. Joseph interessiert das alles nicht die Bohne. Aber sein Vater hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
"Ich will, dass er lernt, selbständig zu sein. Ich will, dass er sich zu helfen weiß, selbst wenn um ihn herum alle in Panik geraten. Wer einen kühlen Kopf bewahrt, kommt weiter", sagt Mark Bernard.
Keine Spur von Lagerfeuerromantik
Wie macht man Feuer, ohne Streichhölzer? Simone wirkt ein bisschen gestresst. Ihre Mutter ist schließlich eine Maori, eine Ureinwohnerin Neuseelands. Das setzt Simone offenbar unter Druck. Scheinbar Simples kann hier draußen so verdammt schwer sein.
"Mein Kopf sagt mir, dass ich das alles kann, aber wenn es dann an die Praxis geht, fühle ich mich so hilflos wie ein Baby. Man muss also sein Ego überwinden und akzeptieren, dass man nicht alles sofort kann", erzählt Simone Graham.
Es wird früh dunkel im australischen Winter. Gleich kriechen alle in ihre Schlafsäcke. Doch vorher gibt es noch Kängurufleisch und Gemüse. Bei Joseph aber kommt keinerlei Lagerfeuerromantik auf.
"Ein warmes Bett, davon werde ich träumen. Ein warmes Bett und...von Ravioli. Ich liebe Ravioli einfach", so Joseph Bernard.
Nicht alle Australier sind Naturburschen
Gordon, den Coach überrascht das nicht. Das gängige Selbstbild: Australier als echte Naturburschen, jederzeit bereit ein Krokodil zu erlegen. Das stimme so einfach nicht. "Das ist alles sehr oberflächlich. Viele Australier mögen eher Glamping, also Camping mit Luxus. SUVS, Wohnwagen mit voll ausgestatteten Küchen. Die haben allen möglichen Outdoor-Schnickschnack und keine Ahnung, was sie damit sollen", erzählt Gordon Dedman.
Der nächste Morgen. In der Nacht lagen die Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt. Mark musste immer wieder das Feuer neu anfachen Die Kälte hat sich in die Knochen gefressen. Joseph ist völlig fertig. Aber das würde er natürlich niemals zugeben.
"Es war, es gar nicht so schlecht. Sogar angenehm. Ja. Ich bin nicht mal zwischendurch aufgewacht. Die Überlebensdecken funktionieren ganz gut", sagt Joseph Bernard.
"Er will einfach nur nach Hause, seine Ravioli essen. Aber ich würde das hier durchaus noch länger aushalten, ganz bestimmt", so Mark Bernard.
Survival-Tricks für die ganze Familie
Doch nun steht ja noch der Abschlusstest an: "Ihr müsst 1l Wasser zum Kochen bringen. Ihr müsst euer Lager aufbauen und Ihr müsst die Himmelsrichtungen mithilfe von Stöckern bestimmen. Ihr habt 20 Minuten Zeit", sagt Gordon Dedman. Tag Drei und Joseph scheint plötzlich Feuer zu fangen an diesem Wildnis-Ding. Vater und Sohn, gemeinsam schaffen sie die Aufgaben. Und haben auch noch Spaß dabei.
Mark & Joseph Bernard: "Er ist nicht so sehr ins Schwitzen gekommen wie ich, aber das ist ok." "Klar, ich bin auch fitter als du."
Auch Gordon ist zufrieden und Joseph ist jetzt froh, dass er durchgehalten hat.
"Ich habe einfach immer weitergemacht und schon auch zugehört. Ich habe zwar nichts aufgeschrieben, weil ich einfach ein fauler Sack bin. Aber ich weiß jetzt viel mehr. Ich glaube, ich kann das auch gebrauchen, wenn ich mal in einer Notsituation bin. Mit nur einem Messer, einem Metallstück und einem Seil kannst du ganz viel machen", erzählt Joseph Bernard.
Auch Simone fühlt sich jetzt sicherer in der Wildnis. Die 33-Jährige versteht nun besser, wie ihre indigenen Vorfahren gelebt haben. "Unter den Sternen zu schlafen. Ich fühle mich wieder so verbunden mit Mutter Natur. Meine Seele ist glücklich", erzählt Simone Graham.
Wie mache ich auf mich aufmerksam, wenn ich mich verlaufen habe. Die allerletzte Übung. Drei Tage Überlebenstraining, drei Tage in denen sie über sich hinausgewachsen sind – jeder auf seine ganz eigene Weise.
Autorin: Sandra Ratzow/ARD Studio Singapur
Stand: 09.10.2020 15:14 Uhr
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