So., 02.08.20 | 19:20 Uhr
Das Erste
Niederlande, Österreich, Mallorca: Urlaub in Corona-Zeiten
Die Nordsee – Magnet für alle, die diesen Sommer nicht so weit fahren wollen, aber dringend einen Tapetenwechsel brauchen. Hotels und Campingplätze entlang der niederländischen Küste – komplett ausgebucht.
In den Provinzen Zeeland und Nordholland steigen nicht nur die Übernachtungszahlen – auch die Infektionszahlen gehen hoch. Innerhalb von zwei Wochen haben sie sich mehr als verdreifacht – auf über 1.300 landesweit. Aber:
Van den Berg: "Ich denke wir Niederländer sind die Entspanntesten im Umgang mit dem Virus."
Cynthia Lustig: "Ich finde nicht, dass wir zu locker mit den Regeln umgehen. Wir sind uns bewusst, worum es geht. Dass man auch im Lokal Abstand halten muss und sich die Hände desinfiziert. Hier ist es nicht gefährlicher als anderswo."
Die Niederländer versuchen gelassen zu bleiben
Corona hat es aufgrund steigender Zahlen zwar wieder auf die Titelseiten geschafft, das Urlaubsfeeling stört das nicht. Es gelten nur zwei Regeln: Hände waschen, Abstand halten: "Ich sehe Schilder: Haltet bitte 1,5 Meter Abstand. Aber ich sehe die Holländer nicht nervös werden. Auch nicht darüber sprechen", sagt Thomas Doderder. Am Strand ist ja auch ausreichend Platz für alle – die Einheimischen und die Touristen. In Amsterdam sieht das ganz anders aus. Entlang der idyllischen Grachten gilt jetzt das Einbahnstraßen-System. Schon ohne Corona ächzt die Stadt unter den Touristenmassen. Jetzt, wo man auch noch Abstand halten soll – ein riesen Problem! Einige Bürgermeister erwägen deshalb jetzt eine Maskenpflicht – doch die Regierung winkt ab:
Ferdinand Grapperhaus, Justizminister Niederlande: "Wir sehen im Moment keinen Grund die Schutz-Maßnahmen auszuweiten. Es bleibt bei den Grundregeln: Abstand halten und Händewaschen. Schutzmasken sind nicht so effektiv wie Abstand halten!"
Die Niederländer versuchen gelassen zu bleiben und die Touristen nicht zu verschrecken. Trotz steigender Zahlen.
Autorin: Gudrun Engel/ ARD Studio Brüssel
St. Wolfgang nach dem Cluster
Es ist gerade mal eine Woche her, dass ein Corona-Cluster das Leben im berühmten Urlaubsort St. Wolfgang auf den Kopf gestellt hat. Das Leben von allen, denn alle leben hier vom Tourismus. "Wir bei uns im Haus, wir haben innerhalb von wenigen Stunden eine unglaubliche Stornierungswelle erlebt, wie wir sie noch nie erlebt haben, nicht einmal während des Lock-Downs", erzählt Gudrun Peter, Geschäftsführerin Hotel "Weisses Rössl".
"Und da hab' ich, glaube ich, innerhalb von zwei, drei Stunden einen Umsatz verloren von 50 - 60.000 Euro, weil nur Stornierungen eingingen", sagt Roland Ballner, Geschäftsführer "Hotel Cortisen am See".
"Es hat sicher Einbußen gegeben von einem Drittel, zwei Drittel, manche haben vielleicht sogar 75 Prozent Minus", so Betty Haslinger, Inhaberin Hotel "Platzhirsch zur alten Wagnerei".
Und wie sieht es nun acht Tage später aus?
Gudrun Peter, Geschäftsführerin Hotel "Weisses Rössl": "Leer!"
Die vergleichsweise wenigen Touristen, die sich derzeit im Ort aufhalten, sind hingegen genau deshalb hierher gereist.
Reinhard Liedl, Urlauber: "Nachdem gesagt worden ist, dass so wenig Leute hier sind, ist es eigentlich ein sicherer Ort."
Eva Bauer, Urlauberin: "Alle weichen aus. Man geht halt mit Maske ins Geschäft, das kennt man ja schon."
Helmut Puhl, Urlauber: "Gespenstisch. Ganz ruhig irgendwie. Unheimlich ruhig, eigentlich..."
Diese Saison ist ein Totalausfall
Das Paradoxe dabei ist: in St.Wolfgang wurde nach Bekanntwerden des Clusters so schnell wie nirgendwo anders reagiert. Nahezu das gesamte Service-Personal des Ortes wie auch Hotelgäste wurden binnen weniger Tage durchgetestet. Quarantänen wurden angeordnet, Infektionsketten durchbrochen. Doch das half nichts.
"Wir haben eine unglaubliche Hexenjagd erlebt, wo wir wirklich in ein Eck gedrängt wurden, was nicht wirklich fair ist", erzählt Gudrun Peter, Geschäftsführerin Hotel "Weisses Rössl".
"Die Leute überlegen sich teilweise gar nicht, was sie da eigentlich anrichten, dass sie einen ganzen Wirtschaftszweig kaputt machen. Da sind Gerüchte kursiert von Hotelschließungen bis hin zu Ausgangssperren. Gäste würden aufgefordert auch tagsüber das Haus nicht zu verlassen – ein kompletter Schwachsinn", so Roland Ballner, Geschäftsführer "Hotel Cortisen am See".
Eines steht für viele Tourismus-Betriebe in St.Wolfgang allerdings jetzt schon fest: Diese Saison ist ein Totalausfall.
Autor: Michael Mandlik/ ARD Studio Wien
Urlaub auf Mallorca in Corona-Zeiten
Es ist ein ganz neues Mallorca-Gefühl, idyllische Strände, historische Altstädte, die von einigen Urlaubern, immer mit Maske, erkundet werden. Und an der Playa de Palma, der Hochburg der deutschen Touristen, ist die neue Leere gewöhnungsbedürftig. Trist sehen sie aus, die Vergnügungsmeilen am Strand – die Regierung der Balearen hat sie vor zwei Wochen schließen lassen.
Denn da wurde noch wild gefeiert, ohne Vorsicht und ohne Abstand. Nicht möglich in Corona-Zeiten, sagten die Verantwortlichen.
Eine Urlaubssaison am seidenen Faden
Auf den Balearen ist die Infektionslage weiter niedrig – damit das so bleibt, gibt es dieses Zentrum:
Insgesamt 160 Mitarbeiter telefonieren hier den Kontakten hinterher, die ein Infizierter hatte. So soll die Ausbreitung eingedämmt werden. Fremdsprachen müssen sie können, denn zu den Infektionsketten zählen ausländische Touristen.
Und es wird verstärkt getestet. Trotz steigender Zahlen auf dem spanischen Festland - die Behörden glauben, dass sie die Lage auf den Inseln im Griff haben.
Javier Arranz, Virologe Balearen: "Wir sind in einer Region mit wenigen Fällen, und die Fälle, die wir finden, sind meist harmlos. Wir isolieren sie sofort, um weitere Ansteckungen zu vermeiden."
Es ist eine Urlaubssaison am seidenen Faden. Großbritannien hat eine Quarantäne für Spanien-Rückkehrer verhängt, Deutschland warnt vor Reisen in drei spanische Provinzen. Mallorca gehört nicht dazu, doch die Ungewissheit bleibt ein Begleiter an traumhaften Stränden.
Autor: Stefan Schaaf/ ARD Studio Madrid
Stand: 02.08.2020 20:17 Uhr
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