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Bangladesch: Zehn Jahre Rana Plaza

Bangladesch: Zehn Jahre Rana Plaza | Bild: BR / Oliver Mayer

Erinnerungen an einen Alptraum: Die Bilder von damals hat Rokeya Khatun noch immer im Kopf. Sie arbeitete in der Textilfabrik “Rana Plaza” nahe Bangladeschs Hauptstadt Dhaka, als das Gebäude um 9 Uhr Ortszeit einstürzte. Mehr als 1100 Menschen kamen ums Leben, Rokeya Khatun überlebte schwer verletzt: “Ich werde diesen Tag niemals vergessen können - die Erinnerungen daran machen mich unglaublich traurig. Ich fühle mich, als sei ich noch immer unter den Trümmern begraben. Wenn ich daran zurückdenke, meine ich, dass die Welt über mir zusammenbricht. Ich wünschte mir so sehr, dass ich all das einfach vergessen und zu einem normalen Leben zurückkehren könnte.”

An ihr altes Leben erinnert die Nähmaschine im Zimmer ihrer Schwester. Benutzen kann sie sie nicht mehr. Zu schwer sind die Verletzungen, die Rokeya Khatun beim Fabrikeinsturz erlitt. Mehr als drei Wochen musste sie damals in der Intensivstation verbringen. Bis heute sind sowohl die emotionalen als auch die körperlichen Wunden nicht abgeheilt.

Konsequenzen aus dem Unglück

Am Ort des Einsturzes steht heute ein Denkmal, das an die Katastrophe erinnert. Die Unglücksstelle, inzwischen grün überwachsen.
Aus dem Unfall habe man viele Lehren gezogen, erzählt mir Abdullah al Rakib. Ihm gehören mehrere Textilfabriken, die von verschiedenen Prüfstellen als besonders nachhaltig und sicher ausgezeichnet wurden: “Damals hatte ich den Eindruck, dass das ganze Land plötzlich aufwacht. Alle arbeiteten unter Hochdruck an Lösungen. Die Fabrikbesitzer, die Regierung, Auftraggeber, alle diskutierten gemeinsam. Wir haben seitdem viel Geld in hochmoderne Systeme gesteckt.”

Inzwischen gibt es gesetzlich vorgeschriebene Kontrollen; Vorschriften, wie viele Feuerlöscher vorhanden sein müssen; eine Mindestgröße für Notausgänge und ein Teil der Belegschaft muss Rettungsmaßnahmen beherrschen. Sogar eine eigene Krankenstation ist auf dem Fabrikgelände. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter könnten sich den Besuch beim Arzt ansonsten kaum leisten.

Nicht überall in Bangladesch liegt der Standard derart hoch. Noch immer sind die Arbeitsbedingungen im Textilsektor, der über 80 Prozent der Exporte ausmacht, oftmals unwürdig. Ein weiteres großes Problem: der Mindestlohn, der für Millionen von Menschen kaum zum Überleben reiche.
Eine Erfahrung, die auch Rokeya Khatun machen musste. Damals arbeitete sie teilweise mehr als 12 Stunden täglich, 50 Euro verdiente sie in etwa pro Monat. Nach dem Unglück kann sie kaum mehr arbeiten, der Mann ihrer Schwester finanziert nun die Familie. Doch für ihre elfjährige Tochter Jannat bleibt dabei kaum etwas über.
Das Leben habe ihr eine zweite Chance geschenkt. Und die wolle sie unter keinen Umständen ungenutzt lassen.

Autor: Oliver Mayer, ARD Neu-Delhi

Stand: 16.04.2023 19:04 Uhr

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