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Hongkong: Aufstand gegen Peking

Hongkong: Aufstand gegen Peking | Bild: ARD

Es sind spektakuläre Bilder, dramatische Ereignisse, eine beeindruckende Bewegung. Aus der Ferne betrachtet ist es ganz einfach: überwiegend junge Menschen kämpfen für mehr Demokratie und freie Wahlen. Tatsächlich aber geht es um viel mehr.

Mong Kok: In das wuselige Geschäftsviertel strömen jeden Tag tausende Chinesen vom Festland. Sie kommen mit leeren Koffern und packen sie sich voll mit Kosmetik, Elektronik, Schmuck, Essen und Milchpulver. Weil die Qualität hier besser ist, die Preise, die Lebensmittelkontrollen. Die kaufkräftigen Kunden aus China bestimmen den Rhythmus der Stadt, nicht nur in Mong Kok.

Seit Tagen blockiert Tracy Lau hier die Straße, weil Hongkong immer mehr wie das autokratische China wird.

Tracy Lau
Tracy Lau | Bild: Bild: BR

Tracy Lau, Demonstrantin:

»Ich bin in Hongkong geboren. Ich liebe meine Stadt. Ich muss sie beschützen. Aber jetzt kommen immer mehr Menschen vom Festland und unsere Kultur verändert sich. Die Regierung verändert sich, die Seele der Stadt. Hong Kong ist nicht mehr so wie vor der Rückgabe an China 1997.«

Ein Land, zwei Systeme heißt die Parole. Noch dürfen die Hongkonger demonstrieren. In China ist das undenkbar. Aber wie sich ihre Stadt entwickelt, da haben die Bürger kaum etwas mitzureden.

Soho: In den schicken Wohnvierteln der Stadt sind die Preise ins astronomische gestiegen. Immer mehr Festlandchinesen investieren hier. Sie kaufen die sündhaft teuren Apartments. Die Einheimischen können sich das nicht leisten.

Leung Shiqi
Leung Shiqi | Bild: Bild: BR

Kowloon Tong Babtist Universität: Der Campus leer. Die Studenten streiken auch, weil für sie die Mieten selbst am Stadtrand nicht finanzierbar sind. "Wir haben keine Zukunftsperspektive hier", meint Leung Shiqi.

Der 26-Jährige arbeitet als Lehrer an der Uni, dennoch lebt er noch immer bei seinen Eltern. Er nimmt regelmäßig an den Protesten teil, denn ausreichend Jobs gibt es in Hong Kong auch nicht.

Wer nicht im Banken und Finanzwesen arbeitet oder in der Tourismusindustrie, hat kaum eine Chance eine anspruchsvolle Arbeit zu finden.

Leung Shiqi:

»Hong Kong ist unsere Stadt. Die Regierung sollte sich um die Bedürfnisse ihrer Bürger kümmern. Stattdessen kümmert sie sich um die Interessen der Immobilientycoone, des Großkapitals und der Investoren aus China. Gegen diese Entwicklung müssen wir etwas tun.«

Hongkong werde autonom verwaltet, heißt es, aber der Einfluss der kommunistischen Machthaber vom Festland wird immer größer. Jeder weiß, die wichtigen Entscheidungen werden in China getroffen.

Peking: Hongkonger Unternehmer machen Chinas Präsident Xi ihre Aufwartung. Ihre Geschäfte mit dem Festland laufen prima. Das soll so bleiben. Kontrolle und Mitsprache durch die Bürger würde die elitären Kreise nur stören und den Machtanspruch der kommunistischen Partei untergraben.

Die meisten Bürger in China wissen nicht, was in Hong Kong gerade geschieht. In den Propagandablättern der Partei werden die Studenten diffamiert und kriminalisiert. Im Internet löschen die Zensoren alle Berichte über die friedlichen Proteste.

Wang Meng, Studentin Volksuniversität, Peking:

»Meine Mitstudenten wissen nichts darüber, außer die, die über Tunnel auf Seiten wie Twitter oder Instagram gehen. Auf den offiziellen Seiten im Netz heißt es, die Hongkonger würden die Nationalfeiertage begehen.«

In Hong Kong können die Herrscher aus Peking die öffentliche Meinung nicht so einfach manipulieren. Noch gibt es hier Pressefreiheit.

Meng Lang
Meng Lang | Bild: Bild: BR

"Aber die Spielraume für kritische Presse werden immer enger", weiß Meng Lang. Zurück in Mong Kok. Hier hat der Herausgeber seinen Buchladen. Er unterstützt den Protest. Immer mehr Zeitungen werden von chinatreuen Investoren aufgekauft, kritische Journalisten entlassen, die Zensur nimmt zu.

Meng verlegt Bücher, die in China auf dem Index stehen. Sein Partner wurde kürzlich bei einer Reise aufs Festland festgenommen und zu zehn Jahren Haft verurteilt. Er hatte diese Buch herausgegeben: Xi Jinping, der Pate.

Meng Lang, Verleger:

»Die chinesische Regierung dominiert mit ihrem Geld. Sie kauft die Medien auf und kontrolliert sie so. Dann gehen sie gegen einzelne Journalisten vor. Sie werden gewarnt, ihnen wird gedroht, mit Gangstermethoden. Unabhängige Journalisten werden eingeschüchtert. Sie sollen sich fürchten.«

Central, der Finanzdistrikt. Die gezielten Angriffe auf friedliche Demonstranten der letzten Tage haben alle aufgeschreckt. Vieles deutet darauf hin, dass bezahlte Schlägertrupps für Chaos sorgen sollen, um einen Polizeieinsatz zu provozieren. Die Studentenführer geraten unter Druck.

Alex Chow
Alex Chow | Bild: Bild: BR

Alex Chow, Studentenführer:

»Wir machen mit der Occupy-Bewegung weiter. Wir müssen den Druck aufrechterhalten, damit die Regierung endlich reagiert.«

Regierungschef Leung aber hat ein Ultimatum gestellt: bis Montagmorgen müssen die Barrikaden weg sein und die Demonstranten verschwunden, sonst könnte die Polizei den Stadtteil Central räumen. Notfalls mit Gewalt.

Autorin: Christine Adelhardt, ARD Peking

Stand: 05.10.2014 20:56 Uhr

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