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Mosambik: Sehnsucht nach der DDR

Mosambik: Sehnsucht nach der DDR | Bild: ARD
Waschen der DDR-Flagge
Waschen der DDR-Flagge | Bild: Bild: BR

Einmal die Woche ist Waschtag im "Park des 28. Mai". Leuchten soll sie – die DDR Flagge, so wie ihre Erinnerungen an Deutschland.

Männer:

»Alles, alles war wunderbar in Deutschland.«

»Jedes Wochenende Party! Beim Fußball hast du etwas gesoffen, Spaß gemacht. Viele Freundschaften, das war gut.«

Hier in Maputo lebt die DDR weiter, zumindest für die ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter, die sich hier treffen, tagein, tagaus seit mehr als 20 Jahren.

José Cossa:

»Das ist unser Deutschland in Mosambik, in der Stadtmitte von Maputo. Herzlich Willkommen bei uns. Das sind unsere Freunde: Hier ist Jovencio, er war in Chemnitz.«

José Cossa und die anderen "Madgermanes" waren jung, als sie rübergingen, Anfang 20. Und sie träumten von einem besseren Leben, von dem heute kaum mehr übrig geblieben ist als ein paar vergilbte Dokumente. Diese Erinnerungen halten sie zusammen.

Hendriques Mabote arbeitete neun Jahre lang in einer Stahlgießerei in Gera. Die Arbeit am Hochofen: ein Knochenjob – aber die beste Zeit seines Lebens sagt er uns, als seine Frau und die Kinder nicht zuhören. Auch in Deutschland hat Henriques einen Sohn. Doch der Kontakt brach ab, als er nach der Wende zurück nach Mosambik musste.

Hendriques Mabote:

»Ich habe das letzte mal meinen Sohn gesehen, das war mit sechs Jahren, sieben Jahren ungefähr. Das war es bis jetzt, seit 25 Jahren. Ich kann nicht...«

Völkerfreundschaft DDR-Mosambik
Völkerfreundschaft DDR-Mosambik | Bild: Bild: BR

Wie Hendriques gingen rund 20.000 Mosambikaner zum Arbeiten und Studieren in die DDR: Ein Deal zwischen zwei sozialistischen Bruderstaaten und eine Ausbildungsmission, denn Mosambik brauchte dringend Know-how und Fachkräfte um das Land wieder aufzubauen, das nach dem Unabhängigkeitskrieg am Boden lag.

Und so schickte man die besten Schüler aus Afrika nach Deutschland.

Eine Zeit lang durften sich die Madgermanes für die goldene Generation halten, für die künftige Elite Mosambiks.

Mit der Wende mussten die meisten von ihnen zurückkehren nach Mosambik. Arbeit, Freunde und Familie ließen sie zurück. Dabei war für viele von ihnen Deutschland längst zur Heimat geworden.

Hendriques Mabote:

»Seit ich nach Mosambik gekommen bin, war ich noch nie glücklich. Weil das, was ich gedacht habe, was ich kriegen könnte, habe ich nicht geschafft. Ich dachte, ich könnte ein gutes Leben haben, ein Auto, eine gute Wohnung, einen guten Job, aber das gibt es nicht.«

Ein Mann schaut aus einem Rohbau.
Ein Mann schaut aus einem Rohbau. | Bild: Bild: BR

Stattdessen: Ein Leben ohne Job, im Township am Stadtrand von Maputo. Bis ins Zentrum sind es nur wenige Kilometer, und doch liegen Welten dazwischen, denn Mosambik boomt. Allein vor der Küste sind Gasfelder entdeckt worden, die schon bald Milliarden von Dollar einbringen könnten.

Viele der Madgermanes aber leben in der Vergangenheit, hadern damit, dass sie vom Wirtschaftswachstum nicht profitieren und schlagen sich mit Gelegenheitsjobs durch.

Adriano Quissico
Adriano Quissico | Bild: Bild: BR

Wenn das Taxi anspringt, dann ist es ein guter Tag für Adriano Quissico. Bis zu 300 Meticais verdient er dann, etwa sieben Euro. Taxifahren– die Notlösung. Aber das, was er in Halle an der Saale im Kombinat Geologische Forschung und Erkundung gelernt hatte, konnte er in Mosambik nie anwenden. Noch mehr frustriert ihn aber die Sache mit ihren Löhnen.

Adriano Quissico:

»Als unsere Verträge damals beendet waren, hatten wir nicht viel. Wir standen vor dem Nichts. Wir wurden ja noch nicht einmal richtig ausbezahlt. Und es gab keinerlei Arbeitslosenhilfe oder Unterstützung für die Familie.«

Auch deshalb treffen sie sich tagein-tagaus im Park: Weil sie noch immer auf ihr Geld warten. 60 Prozent ihres Lohnes wurden damals einbehalten und direkt an die mosambikanische Regierung überwiesen, um deren Schulden bei der DDR zu zahlen. Später, nach ihrer Rückkehr sollte dieser Rest an die Arbeiter ausgezahlt werden.

Seit über 20 Jahren streiten die "Madgermanes" nun schon mit der Regierung.

José Cossa:

»Wir wollen, was uns gehört. Wir haben gearbeitet, Geld verdient und nach Mosambik überwiesen. Seitdem wir zurückkamen, verlangen wir das Geld. Bis heute haben wir kein Geld gekriegt. Deshalb konzentrieren wir uns hier, bis es irgendwann das Geld zurück gibt.«

In den letzten Gesprächen hat ihnen die Regierung zugesagt, einen Teil der Beträge auszuzahlen. Nur wann, ist immer noch unklar. Glauben wollen sie das sowieso erst, wenn das Geld auf ihrem Konto ist. So lange treffen sie sich weiter tagein, tagaus im „Jardim dos Madgermanes“, in ihrer DDR, mitten in Maputo.

Autorin: Joana Jäschke, ARD Johannesburg

Stand: 05.10.2014 22:40 Uhr

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