So., 01.12.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Indien: Ein Künstler als Klempner – Kampf um jeden Wassertropfen
Drei Fremde stehen vor der Tür. Aabid – eigentlich Künstler, dazu ein Klempner und eine Assistentin. Und schon sind sie in der Küche.
Ihr Ziel: der Wasserhahn. Tropft er oder tropft er nicht?
Aabid Surti:
Nun wird geschraubt. Die Dichtung funktioniert nicht mehr - nicht wirklich neu für die Familie, aber groß gestört hat es sie nicht.
Mustafa Akbar Ali Shadriwala:
Dabei kostet es doch nur 50 Rupien – 60 Cent, eine neue Dichtung einzubauen. Die drei lösen das Problem, kostenlos, müssen aber nochmal wiederkommen.
Aabid:
Aabid, der Künstler, macht das seit sechs Jahren. Er hat genug Geld, manchmal bekommt er Spenden. Das fließt ins Projekt. Aber auch der Klempner verlangt nichts. Und die Frau im Team soll Vertrauen bilden, denn sie klingeln an fremden Türen – und sind nicht immer willkommen.
Einen Dienstwagen haben die drei nicht. Gearbeitet wird immer am Sonntag. Denn dann sind die Leute zu Hause. Ihr gemeinsames Ziel: Nicht weniger, als die Welt zu verbessern – ein bisschen.
Aabid Surti:
Aabid kam als Kind nach Mumbai. Die Familie war arm und lebte auf der Straße. Wenn er heute in sein altes Viertel zurückkehrt, kommen die Erinnerungen: Eine halbe Stunde pro Tag lief damals das Wasser. Er weiß noch, wie quälend der Durst sein kann: Tage, Nächtelang. Das hat ihn tief geprägt.
Aabid Surti:
Wasserhähne repariert er nur stundenweise. Sonst zieht er sich in seine Wohnung zurück und zeichnet. Aabid ist Künstler. Seine Comicfiguren sind in Indien berühmt.
Seine Wohnung nennt er Ghetto. Er ist so etwas wie ein verheirateter Junggeselle. Frau und Kinder kommen hier nicht her. Sie leben – so sagt Aabid – ein Fünf-Sterne-Luxusleben.
Aabid kann damit nichts anfangen, braucht seine Freiheit.
Aabid Surti:
Das kam früher bei der Freiheit raus: Wilde Kunst. Egal, was andere sagen.
Heute nutzt dieser Mann die Freiheit auch, um Wasserhähne zu reparieren. Aber wozu das alles? Können Tropfen so wichtig sein?
"Ja“, sagt Aabid: "Aus einem werden viele.“
Am Ende des Monats sind es schon hundert Liter. In einem Haushalt, in Mumbai Millionen.
Schon wieder die Dichtung. Aber diesmal war sie nur locker.
Mohammad Zakir, Klempner:
Aabid könnte sich eigentlich zurücklehnen. Seine Idee läuft von alleine. Aber einfach rumsitzen, das kann er nicht. Er ist 78, aber alles andere als müde.
Aabid Surti:
Aabid will keine Ausreden hören. Dass das alles eh nichts bringt. Viele sagen ja: "Warum die Umwelt schützen?“ Indien hat genug andere Probleme.
Veränderung beginnt tröpfchenweise. Was er kann, sagt Aabid, können andere auch.
Aabid Surti:
Aabid ahnt, er braucht dafür mehr als ein Leben, aber auch das ist kein Grund, nichts zu tun.
Autor: Gábor Halász / ARD Neu Delhi
Stand: 15.04.2014 10:38 Uhr
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