So., 26.05.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Japan: Verschleppt nach Nordkorea
Japans Westküste. Hinter dem Horizont: Der Erzfeind, Nordkorea. Sein Arm reicht bis Japan, zur ehemaligen, verhassten Kolonialmacht. Die Kims beauftragen Verbrechen, so ungeheuerlich; für die Betroffenen eine lebenslange Qual.
Megumi Yokota, 13 Jahre alt. Das Kind verschwindet spurlos um 18.25 Uhr. Ein milder Herbsttag, dieser 15. November 1977. Erst 25 Jahre später gibt Pjöngjang zu: Gekidnappt von seinen Agenten. Verschleppt nach Nordkorea. Mit dem Schiff übers Meer.
Es gehört zum kollektiven Bewusstsein Japans: Die Regierung bestellte eigens einen Trickfilm - zur Volksaufklärung. Seit fast 36 Jahren: Kein Wort von Megumi. Die Eltern: mittlerweile zu müde zum Weinen. Doch Shigeru und Sakie Yokota kämpfen und hoffen weiter. Sie glauben, dass Ihre Tochter noch lebt.
Megumi Yokota, 13 Jahre: Sie ist das jüngste Opfer. 2002, bei Verhandlungen, gesteht Nordkorea den heimtückischen Menschenraub, spricht von insgesamt 13 Fällen. Doch Kenner befürchten bis zu 100 Entführungen, allein in Japan. Dazu hunderte verschleppte Südkoreaner, Opfer aus China, sogar Europa.
Die "Großen Führer" Nordkoreas - sie lechzen nach Knowhow, nach Insider-Informationen für Auslandsoperationen, stehlen Identitäten, suchen Sprachlehrer, Kulturvermittler.
Megumis Spur verliert sich auf dem Heimweg vom Schulsport, nur wenige Meter entfernt vom Elternhaus. Zwei Freundinnen begleiten sie, verabschieden sich dann. Megumis Badmintonschläger: Er steckt noch in der Tasche, als ihre Entführer zuschlagen.
Die Polizei ahnt nichts von nordkoreanischen Agenten, als die größte Suchaktion beginnt in der Geschichte der Präfektur Niigata. Auch das Fernsehen fahndet: Flehender Hilferuf der Eltern. Sie werden nun Zeit ihres Lebens auf der Suche sein.
Die Fotos, die sie nun in einer Ausstellung vor Augen haben, all diese Fotos wollten sie einst der Tochter schenken, zur Hochzeit. Das eigene Kind - so nah und doch verloren.
Nordkorea schickt Fotos: Sie zeigen Megumi mit 20 und älter - ein Lichtblick. Megumi hat angeblich geheiratet, einen Südkoreaner wie sie verschleppt. Doch als die Yokotas diese Fotos 2002 erhalten, bekommen sie auch die Nachricht Megumi sei tot, schon seit 1994: Selbstmord, Depressionen.
Zum Beweis liefert Nordkorea auch eine Urne ab mit sterblichen Überresten. Doch ein umstrittener DNA-Test ergibt: Die Asche gehört nicht zu Megumi. Und der Seelenterror hat noch ein Gesicht: Megumis Tochter. Ihr Name: Kim Eun Gong. Die Großeltern erhalten eine Videobotschaft: Die 15-Jährige fordert sie auf, sie in Nordkorea zu besuchen. Doch die Yokotas lehnen ab, schweren Herzens:
Viele Fotos von Megumi, doch nur ein Tondokument: Die Geschichte führt grausam Regie, als sie mit Robert Schumanns Zeilen, ohne es zu ahnen, ihr bald eigenes Leid besingt: “Und die aus der glücklichen Heimat verbannt, sie schauen im Traume das glückliche Land.“
Megumi Yokota: Geraubt mit 13 Jahren. Verschleppt nach Nordkorea. Sie wäre oder ist heute 48 Jahre alt.
Autor: Uwe Schwering , ARD Tokio
Stand: 26.05.2013 20:33 Uhr
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