So., 06.07.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Japan: Traumurlaub für Stofftiere
Endlich mal raus aus den eigenen vier Wänden. Im Haus von Familie Yamamoto steht eine Traumreise an: Die japanische Westküste, mit Bootstrip und Seilbahnfahrt. Nur: die Yamamotos wollen die Reise nicht selber antreten. Sie haben den Trip für ihr Stofftier gebucht.
Kiyomi Yamamoto:
Statt Ehepaar Yamamoto erkundet also ihr kleiner Frotteehase die japanische Provinz. Die Reise beginnt im Pappkarton – 600 Kilometer gen Süden. Hier wartet schon ein vertrauenswürdiger Reiseleiter: Sudachi-Kun – eine Limette und auch Namiko Miki: ihr gehört die Reiseagentur für Stofftiere.
Sie hat sich die Tour ausgedacht – für das Häschen aus Tokio und die zehn anderen quietsch-bunten Typen: Pigu, Panko, Toni. Ein flauschiger Bär, ein Teddy mit roter Fliege, ein zotteliger Hase in pink.
Namiko Miki, Stofftier-Reiseagentur:
Noch ein Schnapschuss – schon geht’s weiter. Das Angebot der Stofftier-Reiseagentur ist riesig: Es gibt Städtereisen nach Tokio, Yokohama inklusive Riesenrand. Auch eine Pilgerreise ist dabei inklusive Tempelbesuch. Heute ist die Reisegesellschaft an die japanische Westküste unterwegs, zu den Meereswirbeln von Naruto.
Namiko Miki:
Die innige Liebe der Japaner zu ihren Stofftieren – sie hat auch mit dem Shintoismus zu tun, dem Glauben daran, dass allen Dingen eine Seele inne wohnt.
In manchen Restaurants in Tokio müssen Singles nicht alleine essen. Der Tischnachbar: ein Stofftier.
In Pflegeheimen können die alten Leute mit sprechenden Stofftieren knuddeln.
Und wenn die Puppen selbst in die Jahre kommen, werden auch sie umsorgt: Der Chofu-Kujuji Tempel in der Nähe von Tokio ist so was wie ein Altersheim für Stofftiere – seit 400 Jahren.
Hier dürfen Pooh der Bär, Micky Maus, Snoopy in Würde ihre letzten Atemzüge tun.
Choshu Imai, Priester:
Wer will, verfasst einen letzten Gruß für sein Stofftier: Ein Dankeschön, für die vielen gemeinsamen Stunden. Einmal im Jahr werden Kuscheltier und Grußbotschaft per Glutofen ins Jenseits befördert – ein Abschied, der vielen sehr nahe geht.
Choshu Imai, Priester:
Der lustigen Truppe um den pinken Hasen bleibt so ein trauriges Schicksal erst mal erspart.
Von der Traumreise gibt es jetzt die ersten Urlaubsgrüße an die Daheimgebliebenen. Fotos per E-Mail: So kann Kiyomi Yamamoto, ein Glück, zu Hause bleiben und sich trotzdem an der weiten Welt erfreuen.
Kiyomi Yamamoto:
Was für ein Ausblick – selbst für den, der nur Knopfaugen hat. Wenn Frau Yamamoto wüsste, wo ihr Frotteehäschen und seine Kumpane jetzt schon wieder gelandet sind: Beim Mittagessen in den Bergen von Tokushima – ein absolutes Muss für alle Japan-Touristen.
Namiko Miki, Stofftier-Reiseagentur:
"Am schönsten wäre es“, sagt Namiko später, "wenn nicht nur die Stofftiere, sondern auch die Kunden irgendwann gemeinsam verreisen würden.“
Wenn nur ausreichend Zeit da wär, für die beschäftigten Japaner.
So gehen die Stofftiere erst mal allein weiter auf Entdecker-Tour – ganz zur Freude Ihrer Besitzer.
Wohl dem, der nicht mehr selbst verreisen muss.
Autor: Philipp Abresch / ARD Tokio
Stand: 05.01.2015 09:30 Uhr
Kommentare