So., 14.07.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Kambodscha: Touristenmassen in Angkor Wat
Gefahr für das Weltkulturerbe?
Sonnenaufgang bei Angkor Wat: Die Stille währt nicht lange.
Schon um halb Sechs morgens drängeln sich die Touristenmassen am wohl berühmtesten Tempelbau Asiens.
Josephin Rősler aus Potsdam leitet ein Steinkonservierungsprojekt der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Mit ihren Kollegen schlängelt sie sich durch die Gruppenreisenden.
Die Reliefs rund um den zentralen Tempelkomplex sind blank gerieben von den Händen der abermillionen Besucher.
"Das sieht gut aus, aber es zerstört den Stein." sagt Konservator Long Nary. "Feuchtigkeit kann aus den blanken Stellen nicht entweichen. Diese Schäden hier", sagt er, "sind ganz neu."
Dabei bedroht schon allein das feucht-heiße Klima die 900 Jahre alten Steine.
Preah Khan gehört ebenfalls zu den meistbesuchten Tempeln von Angkor. Hier wird am Erhalt der steinernen Nagas, der mythischen Schlangenwesen, gearbeitet. Josephine Rősler bildet kambodschanische Studenten dafür aus.
Die Schlangenleiber haben gerade die richtige Sitzhöhe für müde Besucher. Das hat Folgen.
Schon setzt und lehnt sich die Besuchergruppe. Die Konservatoren sehen's zähneknirschend.
Es knattern die Moped-Rikschas der Touristen zur Tempelstadt Angkor Thom. Fürs Erinnerungsfoto klettert man auf die Götterstatuen. Hier liegt die zweite Baustelle des Deutschen Konservierungsprojekts. Die Köpfe der steinernen Dämonen sind bereits Kopien. Aber auch die Schultern drohen zu zerbröseln. Mit Mörtel werden Risse ausgebessert - Sisyphos-Arbeit.
Angkor Wat darf nur weiträumig umflogen werden. Aber das Luftbild zeigt die Dimensionen. Dabei ist Angkor Wat nur ein kleiner Teil der Gesamtanlage mit über tausend Tempeln. Seit 20 Jahren als UNESCO-Weltkulturerbe geschützt. Weit abgelegene Tempel sind meist menschenleer. Die Touristen konzentrieren sich auf nur drei oder vier Anlagen.
Unter dem Blätterdach des Dschungels verborgen kann man noch seit Jahrhunderten praktisch unberührte Tempel finden.
Der Ta Nei Tempel sieht noch so aus wie vor 150 Jahren, als die ersten Entdecker aus Europa kamen.
Vom Dschungel überwuchert, seit Jahrhunderten kaum berührt entfalten die Ruinen den eigentümlichen Reiz von Zerfall in tropischer Natur.
Lange vor den Europäern waren Grabräuber hier, sagt er. Die suchten nach Schätzen in den Heiligtümern.
Mit dem Niedergang des Khmer-Reiches galt ganz Angkor lange als vergessen.
Rummel vor Angkor Wat. Das ist zunehmend beliebt für Gruppenreisen aus China und Korea.
Die Apsara, Tänzerinnen des Himmels, an exponierter Stelle betatscht. Eingeritzte Grafitti auf kostbaren Säulen. Die Gänge sind oft eng. Die Tempel hier waren nicht für Besucher gebaut, nur für die Götter.
Die Tänzerinnen haben keine Füße mehr, aber das liegt nicht an den Touristen.
Touristen bringen Geld ins Land und sie schaffen Arbeit für die Einheimischen.
"Anfangs haben wir uns viele Touristen gewünscht. Gut für die Anwohner hier. Aber jetzt haben wir so viele und die machen uns Sorgen um den Erhalt der Tempel." Long Nary, Apsara Stone Conservation
Zum Sonnenuntergang versammeln sich die Massen stets auf einem Tempel. Es gibt Pläne, den Besucherstrom besser zu verteilen, weg von den wenigen Hauptattraktionen. Aber romantisch stille Einsamkeit wird man in Angkor nur noch schwer finden.
Autor: Robert Hetkämper / ARD Singapur
Stand: 15.04.2014 11:10 Uhr
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