So., 30.03.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Puntland / Somalia: Will noch jemand Pirat werden?
Es war der Traum vom großen Geld, der sie in den Knast gebracht hat. 10.000 Dollar sollte jeder Pirat bekommen – nicht gerade viel bei einer Million Dollar Lösegeld für ein Containerschiff plus Mannschaft. Doch manchmal geht alles schief.
Farah Idel wurde weit vor Somalias Küste aufgegriffen. In seinem Boot: Enterleitern, zwei Kalaschnikows, Pistolen und Handgranaten.
Farah Ismail Idel, Pirat:
Zu acht Jahren Gefängnis wurde Farah Idel verurteilt. Von Reue keine Spur.
Farah Ismail Idel:
Die Gefängnisse in Somalia sind mit finanzieller Unterstützung von UN und Europäischer Union aus- und umgebaut worden. Doch einsperren allein reicht nicht.
Als Teil eines Friedensprojekts geht eine Videogruppe in Puntland mitten rein in die Piratendörfer. Mit dabei: Generatoren, eine aufblasbare Leinwand und ein Aufklärungsfilm: Er zeigt, wie die Boote der Piraten in Brand gesteckt werden, wie die Freibeuter oft leer ausgehen und dennoch jahrelang im Gefängnis landen. Die Lösegelder haben vor allem Hintermänner kassiert. In den Dörfern an der Küste aber ist durch die Piraten alles teurer geworden.
Osman Ali, Dorfältester:
Mit einer Kamera nimmt Abdirisak die Kommentare auf und mischt sie in seinem kleinen Schneideraum mit Videos internationaler Nachrichtensender.
Dass somalische Piraten auch in anderen Ländern, einige sogar in Deutschland inhaftiert sind, wissen viele nur vom Hörensagen. Dazu zeigt er Bilder der internationalen Kriegsschiffe, die vor der Küste patrouillieren. Seitdem sind die Piraten nur noch selten erfolgreich.
Abdirisak Abdulkadir, Videogruppe Puntland:
So sind die Fischer wieder unter sich. Ihre Boote haben schwache Motoren – für Kaperfahrten völlig ungeeignet.
Der Hummer, den sie fangen, war früher die Leibspeise der Piraten. Doch die sind weg, zusammen mit ihren Dollars, den Frauen, die sie sich kauften und den Trinkgelagen, die nicht nur strenggläubigen Muslimen ein Dorn im Auge waren.
Die Häfen im Norden Somalias sind die Tore zur Außenwelt. Saudi Arabien und die Emirate liefern, was die Somalier nicht haben – und das ist fast alles. Dafür gibt es im Gegenzug: Schlachtvieh. Vor allem auf der arabischen Halbinsel gelten Kamele als Delikatesse.
Beinahe verschlafen wirkt Puntlands Verwaltungshauptstadt Gerowe. Knapp 60.000 Menschen leben hier, darunter nur ein Dutzend Europäer, nicht aus Angst vor Piraten, sondern vor Entführungen. Wer dahinter steckt, ist oft unklar.
Was die Geschäfte verkaufen, ist an den Fassaden aufgemalt. Das macht es für die vielen Analphabeten in Puntland leichter.
Inoffizielle Leitwährung ist nach wie vor der Dollar. Das einheimische Geld ist kaum etwas wert. Bei größeren Anschaffungen kommt man am besten gleich mit einer Schubkarre.
Die beiden Fahnen vor dem Präsidentenpalast zeigen das Selbstverständnis Puntlands: autonome Provinz, aber Teil Somalias. Dafür steht auch der neue starke Mann. Vorübergehend war Abdiweli Premierminister von ganz Somalia. Seit Januar ist er nun Präsident von Puntland. Zu den Piraten hat er seine eigene Meinung.
Abdiweli Mohamed Ali, Präsident, Puntland:
Autor: Peter Schreiber / ARD Nairobi
Stand: 15.04.2014 10:42 Uhr
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