So., 03.11.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Spanien: Nächtliche Raubzüge auf Plantagen
José Carlos Martínez, Landwirt:
Eigentlich hatte José Carlos uns nur zeigen wollen, was passieren kann. Zwei Tage, nachdem wir mit ihm auf seinen Feldern bei Valencia unterwegs waren, war aus der Demonstration schon Ernst geworden: Diebe haben ihm genau dieses Feld in der Nacht abgeräumt: Sie klauen Gemüse und Früchte. Sie zerstören bei ihrer illegalen Ernte die Pflanzen. Sie richten immense Schäden an.
Im vergangenen Jahr haben die Täter allein in der Region Valencia Waren und Werkzeuge im Wert von 20 Millionen Euro mitgehen lassen – Tendenz steigend.
José Carlos Martínez:
Als wir mit José Carlos auf dem Weg zu einem anderen Feld sind, kreuzt ein Polizeiauto unseren Weg:
"Ich habe den Lieferwagen gesehen“, sagt der Polizist, "da wollte ich mal schauen.“
Weil auf dem Acker immer mehr geklaut wird, hat die kleine Gemeinde Alberic beschlossen, wieder Streifen in die Plantagen zu schicken – zum ersten Mal seit 30 Jahren.
José Carlos Martínez, Landwirt:
Auch dieses System könnte helfen. Auf der interaktiven Karte sind 1,5 Millionen Ackerparzellen in der Autonomen Region Valencia erfasst. Sie soll die Polizisten bei der Überwachung der Felder unterstützen. Erdacht haben sie das Instrument hier - im kartographischen Institut. Ein Jahr lang haben sie daran gebastelt. Seit zweieinhalb Monaten funktioniert es.
Emilio Forcén Tárrega, Kartographisches Institut Valencia:
Diese Karten hat das Institut auch anderen Regionen angeboten. Bis jetzt hat aber noch keine zugegriffen. Dabei könnten sie die auch bei der Guardia Civil in der Provinz Toledo gut gebrauchen.
Das zum Beispiel ist keine übliche Verkehrskontrolle. Hier suchen die Polizisten gezielt nach Diebesgut, das von den Feldern der Umgebung stammen könnte. Im Schutz der Dunkelheit sind die Täter besonders aktiv. Ein Lieferwagen zwischen den Äckern kurz vor Mitternacht – der ist verdächtig. Der Blick in den Transporter aber zeigt: Alles in Ordnung, der gute Mann hat nichts geklaut. Er wohnt um die Ecke und hat nur die Abkürzung über die Felder genommen.
Marcos Fernández, Guardia Civil:
Wie sinnvoll der Polizeieinsatz ist, das sehen wir bei Tage. Ein Feld beim Dörfchen Lillo. Hier bauen sie Wein in Spalieren an. Die Trauben lassen die Diebe in Ruhe, denn hier gibt es eine wertvollere Beute.
José María González Barajas, Weinbauer:
Zwei Euro kostet so ein Pfahl. Gesamtschaden beim jüngsten Diebstahl: 3000 Euro – ein herber Verlust.
José María González und Juan Sánchez produzieren auf ihrem Hof bei Toledo Wein, keine Spitzentropfen, sondern einfache Landweine. Die werden auch nicht auf Flaschen gezogen, sondern im Fass verkauft. Reich wird man davon nicht. Umso mehr schmerzt es da, wenn mal eben Material im Wert von mehreren tausend Euro verschwindet.
Die Diebe werden in den seltensten Fällen gefasst. Wer hinter den flächendeckenden Diebstählen steckt, bleibt für alle ein Rätsel.
José María González Barajas, Weinbauer:
Was die Bauern überall in Spanien aufregt: Wer Gemüse und Obst klaut, der begeht in der Regel nur eine Ordnungswidrigkeit. In den Knast muss kaum einer.
José Carlos Martínez:
Und so startet José Carlos auch an diesem Abend nach der Arbeit des Tages zur Nachtschicht: Felder überwachen, damit die Diebe es zumindest nicht so leicht haben, Beute zu machen.
Autor: Jörg Rheinländer, ARD-Madrid
Stand: 15.04.2014 10:52 Uhr
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