So., 22.11.20 | 19:20 Uhr
Das Erste
Brasilien: Heilen mit Fischhaut
Brasilien: Heilen mit Fischhaut
Es waren die schlimmsten Brände seit mehr als 50 Jahren. Die Rettungskräfte – überfordert. Darunter leiden vor allem: die Tiere. Einige können gerettet werden, dank engagierter Tierärzte.
Kürbisse und Bananen sind die Nothilfe, die Tierschützer um den Vogelkundler Douglas Trent auf ihre Boote laden. Sie wollen trotz brütender Hitze aufbrechen, um hungernde Wildtiere zu versorgen: "Ich arbeite seit 40 Jahren in dieser Region. Aber noch nie habe ich ein solches Desaster erlebt. Es bricht mir das Herz. Ich kenne die Tiere und weiß, dass sie seit diesen schlimmen Bränden leiden."
Hilfe für die Tiere
Abfahrt auf dem Rio Paraguay – tief hinein ins Pantanal-Feuchtgebiet, eine der artenreichsten Regionen der Erde. Douglas erkennt sofort, welche Katastrophe sich bis vor wenigen Wochen hier abgespielt hat: verbrannte Urwälder. Die Flammen haben ganze Landstriche vernichtet, insgesamt eine Fläche so groß wie Nordrhein-Westfalen. Die Tierschützer installieren hier Kameras mit Bewegungsmeldern, um zu ermitteln, welche Tiere das Flammeninferno überhaupt überlebt haben. Diese finden seit den Bränden kaum noch Nahrung. Deshalb haben die Tierschützer die Früchte hergebracht. Auch Papayas, Maniok-Wurzeln und Maismehl.
Auch an den Futterstellen haben sie Kameras angebracht. Es ist Teil eines wissenschaftlichen Projekts zu den Folgen der Brände. Zwei Tage benötigen Affen, Wasserschweine oder Tapire - dann haben sie alle Früchte verspeist.
Hoffnung gibt es immerhin für Wildtiere, die mit Verbrennungen überlebt haben. Sie landen hier: In der Tierklinik von Uberaba. Gerade kommt Manuel Fritz auf den OP-Tisch. So nennen sie den Ameisenbären, der sich auf dem glühend heißen Waldboden die Pfoten verbrannt hat. Manuel Fritz leidet unter den Schmerzen. Tierärztin Behatriz Odebrecht will eine neue Therapie an ihm ausprobieren: "Ich behandele seine Pfoten mit Fischhaut. Wir haben damit gute Erfahrungen bei Menschen gemacht, deshalb glauben wir, dass Fischhaut auch bei Wildtieren funktioniert."
Während der betäubte Manuel Fritz über den Rüssel beatmet wird, beginnt die Behandlung. Viele Ärzte schauen zu, um diese neue Therapie von Behatriz zu erlernen. Für die wulstigen Pfoten muss die Tierärztin die Fischhaut erst zuschneiden.
Dann hat es Manuel Fritz fast geschafft. Eine verbrannte Stelle am Fell entdecken die Ärzte noch. Auch die wird mit der Haut eines Buntbarsches bedeckt. Dank dieser neuen Therapie kann Manuel Fritz wohl bald schon wieder zurück in die Wildnis.
Zurück im Pantanal
Dort im Pantanal ist das Team von Douglas Trent auf der Suche nach dem König des Feuchtgebiets: dem Jaguar. Sie entdecken neben vielen verbrannten Flächen immer mehr Wildtiere: Wasserschweine und den Storchenvogel Jabiru.
Dann taucht erst ein Tapir auf, und kurz darauf die Königin des Pantanal: Ein ausgewachsenes Jaguar-Weibchen faulenzt am Ufer. Auch nach 40 Jahren im Pantanal ist dieser Moment für Douglas etwas Besonderes.
Douglas glaubt, dass sich die meisten Jaguare vor den Flammen retten konnten. Und dass sich das Pantanal von diesem Katastrophen-Jahr erholen kann. Aber nur, wenn nicht demnächst wieder derartig heftige Brände wüten.
Autor: Matthias Ebert, ARD Rio de Janeiro
Stand: 22.11.2020 20:28 Uhr
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