So., 26.01.25 | 18:30 Uhr
Das Erste
Brasilien: Samba – der Beat des Lebens
Die Stimmung angetrieben von Sommerhitze und Samba-Beats. Samba – der Herzschlag Brasiliens. Die Trommeln, der Puls, der bewegt, den die 32-jährige Mari Braga mitantreibt: "Wir sind superglücklich, wenn wir hier zusammenspielen. Jeder lächelt, jeder ist glücklich. Unser Instrument ist eine Verlängerung unseres Körpers, es ist eine Leidenschaft, wenn wir spielen, fließen die Gefühle, Liebe. Wir sind sehr glücklich."
Mari spielt in einer der traditionsreichen Sambaschulen, die im legendären Sambódrom gegeneinander antreten. Fast ein Jahr proben sie schon und oft bis ein Uhr Nachts. Samba vereint alle – die die gerade erst auf zwei Beinen stehen können und die es gerade noch können. "Samba wird nie aussterben. Es ist etwas das ganz und gar zu uns gehört, das aus uns herauskommt und das wir in die ganze Welt exportieren. Samba und Rio gehören zusammen", sagt die Musikerin.
Musik, die vereint
Egal zu welcher Jahreszeit, egal an welchem Ort – man trifft sich zu einer "Roda de Samba". Musiker sitzen hier in einer Runde und singen zusammen mit ihren Gästen. Ob am Strand von Ipanema oder in den Bars der Innenstadt. Warum die Liebe, warum die Hingabe, warum die Freude? Eine Antwort ist hier sagt Mari. Auf dem Anwesen ihrer Familie bereitet man sich auf viele Gäste vor. In der Küche wirbelt Onkel Renato, seit drei Tagen kocht er das Fleisch für die Feijoada. Feijoada heute ein Festmahl doch einst: dass Essen der Sklaven. "Die Fejoada war einst der Tier-Abfall aus dem Herrenhaus. Heute ist sie das berühmteste Gericht Brasiliens, dass eigentlich aus den Sklavenhütten kam", erklärt Renato Gomez.
Mari genießt die Zeit mit ihren Eltern. Noch ihr Ur-Ur-Großvater war Sklave genau hier. Feijoada, Samba sind Afrobrasilianisch, das Erbe und Leid der Vorfahren unvergessen geht es hier um Freude. Ein typischer Sonntag heißt: Domingo Familiar, die Familie geht aus. Zusammen essen, zusammen genießen. Die Kinder spielen, die Eltern tanzen. Das Leben ist schön und die Begleitmusik, die sich dazu seit Kindesbeinen einprägt, ist Samba. Von Generation zu Generation. "Darum geht es – zusammenzukommen und zu feiern. Und das erschafft gute, emotionale Erinnerungen an die Zeit, als wir lernten, Samba zu hören, und an die ersten Sambas, die wir hörten", erzählt Mari.
Mari gilt als Talent der Samba-Szene. Sie singt, sie spielt nahezu jedes Instrument. Sie kann von ihren Auftritten leben, und sie liebt es, dass sie andere damit glücklich macht. Es gibt ein Ereignis, da ist Mari neugierig, die "Samba do Trabalhador", zieht jeden Montag bis zu 3.000 Gäste an. Sie wächst und wächst, ganz ohne Werbung. Der Erfinder, Moacyr, gilt als Legende – auf ihn warten alle hier. Und er ist bereit. Die Hände von Moacyr Luz gehorchen nicht. Vor 17 Jahren bemerkt der Samba-Komponist – es stimmt was nicht: "Ich wollte den Ringfinger heben. Und er gehorchte nicht. Mann, das ist seltsam, dachte ich. Und erzählte das auch den Kollegen nach der Show. Tja und das war der Anfang dann erfuhr ich das ich Parkinson habe."
Ein Leben ohne Samba ist unvollstellbar
Samba kostet Moacyr Kraft und gibt ihm gleichzeitig die Kraft weiterzumachen. Seine Texte sind fröhlich, oder nostalgisch. Sie sollen dem Herz Zuflucht geben oder die Kraft alles rauszulassen Schmerz, Trauer, Liebe. Trotz Parkinson komponiert er weiter. Weil er nur schwer schreiben kann, hilft jetzt das Handy. Trotz Parkinson tritt er gleich wieder vor tausenden Menschen auf. "Diese Krankheit liebt es, dich leiden zu sehen und ich gebe ihr keine Chance. Ich werde genießen, trinken und essen, was ich will. Wenn es vorbei ist, ist es vorbei", sagt Moacyr. Ein Leben für Samba – trotz allem – dafür wird Moacyr verehrt. 67 Jahre ist er jetzt alt. Nur, sagt er. Er will das noch viel kommt. Mari ist aufgeregt: "Bei jedem Auftritt singen wir eines seiner Lieder. Er hat uns bereits sein Vermächtnis geschenkt. Es ist was Besonderes, so einen speziellen Menschen zu treffen."
Die Samba do Trabalhador sollte vor zwanzig Jahren ein lockeres Treffen von Musikern sein, die unter sich feiern, als Ausgleich zu den Auftritten am Wochenende. Nun ist es ein Event, das Touristen, das Arme und Wohlhabende nicht nur zusammenbringt, sondern vereint. "Hier vergessen wir die soziale Ungleichheit. Wir werden alle eins. Samba bringt sogar schöne Frauen mit hässlichen Typen zusammen. Ich weiß nicht, wie das klappt", sagt Moacyr.
Unverhofft ruft Moacyr Mari in die Männerrunde. Einfach nur zuschauen – daraus wird nun nichts. Die Musiker vereinen sich spielend – verschmelzen mit dem Publikum. Es wird ein Fest für das Herz – das kann Samba.
Autorin: Xenia Böttcher / ARD Rio
Stand: 26.01.2025 20:22 Uhr
Kommentare