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China: MITU, Protest mit dem Reishasen

Jung, gebildet und ein bisschen flippig: so sieht Feminismus in China aus. Zheng Xi ist Doktorandin für Gender Studien in Hangzhou. Angespornt von der amerikanischen Metoo-Bewegung hat sie eine Kampagne gegen sexuelle Belästigung gestartet: Hände weg von der Frau nebenan.

Kampagne gegen sexuelle Belästigung von Feministin

China: Junge Chinesinnen kämpfen gegen sexuelle Belästigung trotz staatlicher Widerstände
China: Junge Chinesinnen kämpfen gegen sexuelle Belästigung trotz staatlicher Widerstände

"Hier überall in der U-Bahn sollen meine Aufkleber gegen sexuelle Belästigung kleben, am besten dazu noch Durchsagen im Lautsprecher und Hinweise auf den Bildschirmen", erzählt die Feministin Zheng Xi. Die Genehmigung dafür versucht sie bei den Verkehrsbetrieben in 11 Großstädten zu bekommen, ein langwieriger Marsch durch die Institutionen. Aber anders scheint es nicht zu gehen, in China. Vor drei Jahren: Der Protest dieser Aktivistinnen endete im Gefängnis. Als sie ein Lied gegen Chinas notorische Grapscher sangen, wurden sie festgenommen und für 37 Tage eingesperrt. Ein traumatisches Erlebnis für Chinas Feministinnen.

Metoo – in den USA ein Promi-Phänomen, in China formierte sich die Bewegung vor allem an den Universitäten.
Es begann mit einer Chinesin aus dem Silicon Valley, die ihren ehemaligen Professor in Peking beschuldigte, er habe sie vor zwölf Jahren vergewaltigen wollen.

Mitu, der Reishase im Internet

Ihr Eintrag im chinesischen Twitter wurde millionenfach gelesen, viele solidarisierten sich und berichteten über ähnliche Erfahrungen. So ausgiebig, dass es den Zensoren zu viel wurde.

"Sie blockierten unseren metoo Mikroblog, also änderten wir ihn in gleichlautende chinesische Zeichen, das Mi von Reis und das Tu von Hase. Reishase, Mitu", so Zheng Xi.

Ein cleveres Spiel mit den Mächtigen, das ist metoo, der Reishase im Internet in China. Sieht putzig aus, ist aber ein Netz von einzelnen, starken Frauen, die alle miteinander verlinkt sind.

Beratungen in Internet-Plattformen

China: "MI" steht für Reis, "TU" für Hase, heißt MITU – der Reishase gegen sexuelle Übergriffe
China: "MI" steht für Reis, "TU" für Hase, heißt MITU – der Reishase gegen sexuelle Übergriffe

Joy Lin in Shanghai setzt sich für die Opfer von sexuellen Übergriffen ein. Auf ihrer Internet-Plattform macht sie Beratungen und veröffentlicht Artikel. Selbst ihre Veranstaltungen im kleinen Kreis kommen der Polizei verdächtig vor, nur weil sich hier Bürgerinnen zusammentun. "Zu meiner Filmvorführung kamen circa zehn Leute, die sich über Gender-Fragen ausgetauscht haben. Bei so wenigen Teilnehmern bekommt man doch keinen Ärger mit den Behörden, dachte ich, aber trotzdem haben sie mich angerufen und verfolgt", berichtet Joy Lin.

Wenn schon kleine Versammlungen problematisch werden, dann ist das, was gerade an der Peking Universität passiert der metoo-Supergau. Kein Dreh ist möglich an der renommierten Universität. Der Grund liegt 20 Jahre zurück. Und scheint für die Elite-Uni zum Politikum zu werden.

1998 hatte die Studentin Gao Yan Suizid begangen. Weil ihr Professor sie vergewaltigt hatte, wie ihre Eltern und Freunde sagten. Außer einer Verwarnung gab es damals keine Konsequenzen, der Professor unterrichtete weiter.

Studenten protestieren gegen eigene Uni

Im Aufwind der noch zarten metoo-Bewegung hatte eine Studentin von der Universität in einem offenen Brief Einsicht in die alten Akten gefordert. Und war daraufhin unter Hausarrest gestellt worden, ihr wurde gedroht, dass sie ihren Abschluss gefährde.

Viele Studenten solidarisierten sich, schrieben sogar eine Wandzeitung, in der sie ihre Universitäts-Verwaltung fragten: Wovor habt ihr Angst? Hastig wurde der Aushang entfernt. Ein Makel für Chinas berühmteste Hochschule.

Ebenfalls in Peking: Metoo in Aktion: Feministinnen dokumentieren Renees Fall. Ihr Ex-Freund versuchte, sie in der Tiefgarage einer anderen Universität zu vergewaltigen. Sie ging zur Polizei, doch die wollte den Fall nicht aufnehmen. Renees Uni übte sogar Druck auf ihre Eltern aus, damit sie die Sache nicht veröffentlichte.

"Mein Vater sagte zu mir, komm besser nach Hause und höre auf deine Universität, sonst werden sie dich rauswerfen. Ich fragte ihn: Wieso sollten sie mich rauswerfen? Ich habe doch nichts falsch gemacht. Darauf konnte er auch nichts antworten, er sagte nur, ich solle auf sie hören", erzählt Renee.

Feministische Bewegung hat es nicht einfach in China

China: Sexuelle Belästigung und Gewalt gibt es auch in China
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Renees Besuch beim Rechtsanwalt ist ziemlich ernüchternd. Es gibt keine nationale Regelung, die besagt, wie mit Fällen von sexueller Belästigung in Schule und Beruf umgegangen werden soll. Lü Xiaoquan ist einer der wenigen Rechtsanwälte, die solche Fälle vertreten. Er erklärt Renee, dass es keine juristische Definition für sexuelle Belästigung gibt, aber er unterstützt sie ihr bei ihrer Klage gegen die Polizei, die ihre damals nicht half.

Metoo: eine feministische Bewegung, die es in China nicht einfach hat. Zheng Xi, die Doktorandin aus Hangzhou macht trotz aller schlechten Nachrichten weiter. Und steckt andere an.

In ihrem 4-Bett-Zimmer im Studentenwohnheim entstehen immer wieder neue feministische Aktionen. Vielleicht ist genauso metoo in China: zart, wie die Seifenblasen, mit einer Leichtigkeit, trotz aller Starrheit des Systems.

Autorin: Sascha Storfner/ARD Studio Peking

Stand: 03.08.2019 15:52 Uhr

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