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Elfenbeinküste: Kakao-Paradies – Kinderarbeit ade?

Elfenbeinküste: Kakao-Paradies – Kinderarbeit ade? | Bild: WDR

Wir sind zurück, nach einem Jahr, im Dorf Pont Nero, im Südwesten der Coté d´Ivoire. Wir suchen die Jungs von damals, die auf den Kakaoplantagen geschuftet haben. Kakaoexperte Abelle Gallo begleitet uns. "Wie geht es den Jungs?", fragt Kakaoexperte Abelle Gallo. "Soweit gut! Zwei sind noch hier! Aber einer von ihnen ist weg", erzählt Nicolas. "Weißt du, wo wir die anderen beiden finden können?" "Ich bring euch zu ihnen!"

Alles wie vor einem Jahr?

Heute ist Sonntag. Die Jungs nutzen ihn, um zu jagen, denn für ihr Essen müssen sie immer noch selbst sorgen. Kouassi und Youssouf sind noch da. Carlos ist erst seit drei Monaten hier. Die drei Jungen räuchern einen Rattenbau aus. Es ist ihre einzige Möglichkeit, an Fleisch zu kommen. "Hier hat sich nicht viel verändert. Es ist immer noch schwer", sagt Youssouf. "Was hat sich denn verändert?" "Wir bekommen jetzt manchmal etwas Geld." "Wieviel?" "Manchmal bekommen wir umgerechnet so 1,70 Euro."

Und dann haben sie Glück! Eine Ratte kommt raus. Youssouf, Kouassi und Carlos ernten die Kakaobohnen für unsere Schokolade, ein Wohlfühlprodukt, das bei uns im Überfluss vorhanden ist. "Ich mag Ratte wirklich gerne", erzählt Youssouf. "Ich kann mich nicht erinnern, wann ich meine Familie zuletzt gesehen habe", sagt Carlos. "Es ist so lange her – ich weiß nicht mehr, wann es war", ergänzt Youssouf und Kouassi sagt: "Es ist lange her!" "An wen erinnerst du dich?" "An meine Mutter", sagt Kouassi.

Zertifikate ohne Verbesserung

Elfenbeinküste: Kinder auf Kakaoplantagen – hat sich nach einem Jahr etwas geändert?
Elfenbeinküste: Kinder auf Kakaoplantagen – hat sich nach einem Jahr etwas geändert? | Bild: WDR

Wir fahren weiter. Die Rainforest Alliance, oder kurz RA, hat uns eingeladen eine ihrer Plantagen zu besuchen. Die Rainforest Alliance ist einer der größten Zertifizierer für Schokolade weltweit, deren Siegel "Nachhaltigkeit" garantieren soll. Eine Delegation, erwartet uns. Anders als sonst, sehen wir hier tatsächlich keine Kinder. Hier scheint überhaupt niemand zu arbeiten, obwohl Erntezeit ist. Als ein Mann aus dem Dorf zur Machete greift, wird er zurückgepfiffen. Er soll dieses Werkzeug nehmen. Noch original verpackt hat es ein Mitarbeiter aus dem Büro mitgebracht. Wir fragen den Farmer, ob hier an anderen Tagen auch Kinder arbeiten. "Nein! Ich habe eine Schulung gehabt und gelernt, dass Kinderarbeit verboten ist. Man darf keine Schulkinder auf einsetzen", sagt der Farmer.

Aber was sehen wir, wenn wir zu einer zertifizierten Plantage fahren, ohne uns vorher anzukündigen? Kinder bei der Arbeit. Sie sind dabei, das Insektizid Cacao Massa zu versprühen. In der EU sind dessen Wirkstoffe verboten. Immerhin, einer der Jungs trägt eine Maske. "Warum trägst du eine Maske und die beiden anderen nicht?" "Ich trage die Maske, um mich zu schützen", sagt der Junge. "Und die anderen?" "Die schmieren sich Butter auf die Haut, das hält das Gift ab." "Aber sie haben keine Masken?" "Nein, sie haben keine Masken."

Die drei Jungs sind 14 Jahre alt und arbeiten mit Pestiziden. Das ist verboten. Auch nach den Statuten von Rainforest Alliance. Kann diese Plantage wirklich zertifiziert sein? Der Farmer zeigt bereitwillig seine Quittungen. "Hier sehen wir den Stempel für die Zertifizierung. RA, Rainforest Alliance. 2024", sagt Abelle Gallo.

Wir fahren zurück nach Abidjan. Die Rainforest Alliance ist einer der größten Zertifizierer für Schokolade weltweit, und doch finden wir bei der ersten Stichprobe Kinderarbeit. Wir konfrontieren damit den Landesdirektor der RA Nanga Koné. "Was sie auf den Feldern gesehen haben, ist laut dem Gesetz der Elfenbeinküste keine Kinderarbeit. Das ist nur ihre Interpretation!", sagt er. "Wir haben eine Farm in der Gegend von Soubre besucht, die von Rainforest Alliance zertifiziert war und sahen Kinder mit Pestiziden auf dem Feld", sagt Reporter Michael Höft und Nanga Koné entgegnet: "Es ist immer wieder herzzerreißend von solchen Sachen zu hören. Das entsteht durch viele Probleme wie Armut. Wir kontrollieren das natürlich im Rahmen unseres Zertifizierungsprogrammes, machen Überprüfungen und Überraschungsbesuche. Und natürlich, wenn wir alarmiert werden."

Wir fahren noch einmal zu den Jungs zurück, die wir letztes Jahr kennen gelernt haben. Sie leben noch immer in der gleichen Hütte, die dem Mann gehört, der die drei gekauft hat. Sie besitzen fast nichts."Manchmal telefoniere ich mit meiner Familie. Sie sagen, dass sie mich vermissen. Sie fehlen mir", sagt Youssouf. "Wirst du sie mal wiedersehen?" "Ja, ich will bald fahren!" "Wie viel brauchst du, um in dein Dorf zu kommen?" "Umgerechnet 20 Euro." Eine unerreichbare Summe für Youssouf. Gerne würde er in diesem Bus sitzen, doch solange sich nicht wirklich etwas ändert, wird er wohl noch länger auf der Kakaoplantage bleiben müssen.

Autor: Michael Höft

Stand: 23.03.2025 19:49 Uhr

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