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Frankreich: Sorge vor deutscher Gründlichkeit

Frankreich: Sorge vor deutscher Gründlichkeit | Bild: BR

Das Thema brennt ihm unter den Nägeln, dass hier bald wieder neue Mauern hochgezogen werden könnten. Christophe Arend ist französischer Abgeordneter.
Hier ist Arend aufgewachsen, in Petite Roselle. Für den Franzosen ist die Zusammenarbeit mit den deutschen Nachbarn eine Herzensangelegenheit. Aber zu Beginn der Corona-Krise erlebten er und die Menschen hier im Grenzgebiet, eine böse Überraschung: Die Deutschen hatten die Grenze dichtgemacht – ohne Absprache.

Deutsche Alleingänge

Im Augenblick sind die Corona-Zahlen hier im grünen Bereich. Aber: Christophe Arend befürchtet neue, deutsche Alleingänge. Vertrauen ist zerstört worden, viele Menschen hier sind bitter enttäuscht: Julia Karp, zum Beispiel. Sie lebt seit 30 Jahren auf der französischen Seite. Vier Mal die Woche schlich sie sich, hinter dem Rücken der Grenzposten, durch den Wald – zu ihrem Vater, drüben auf der deutschen Seite. Die deutschen Polizisten hatten sie am Grenzübergang zurückgewiesen, weil sie aus einem Risikogebiet kam.

Mit dieser Erfahrung ist sie nicht alleine: ZF in Saarbrücken: Der Auto-Technologie-Hersteller ist der größte Arbeitgeber der Region. Gérard Bach hat hier 45 Jahre im Werk am Südring gearbeitet. Doch eines Morgens kam er plötzlich nicht mehr rein.

Christophe Arend kennt Dutzende solcher Fälle. Um viele hat er sich persönlich gekümmert. Er ist hier verwurzelt, im lothringischen Kohlerevier. Er selbst ist eigentlich Zahnarzt von Beruf. Aber sein Vater, und beide Großväter haben noch im Bergbau gearbeitet. Die Kohle, die Montanunion und damit die europäische Einheit haben ihn geprägt – und in die Politik gebracht – für Macron und gegen den rechtsextremen Kandidaten vom Rassemblement National: „Wir haben ja in Frankreich sehr machtvolle, extreme Rechte: Rassemblement National, den Front National. Mein Gegner hat ja immer gesagt: ‚Ihr müsst den Deutschen nicht vertrauen. Beim ersten Ernstfall wird die Grenzschließung kommen.‘ Und er hatte leider recht. Der erste Ernstfall hieß Corona-Krankheit und die Grenzen gingen zu. Das dürfen wir nicht noch einmal zulassen.“

Genau das findet auch Lisa Gorgé. Gerade hat sie ihre Nachtschicht beendet. Sie ist Assistenzärztin für Anästhesie im Klinikum Saarbrücken, eine von 160 Französinnen und Franzosen, die hier arbeiten. Zu Beginn der Corona-Krise musste sie – trotz Passierschein – große Umwege fahren, um zur Arbeit zu kommen. Von der Politik erwartet sie jetzt, vor der nächsten Welle: bessere Kooperation, auf beiden Seiten.

Christian Braun ist der ärztliche Direktor. Sein Appell: die Notfallversorgung grenzüberschreitend koordinieren, kann Menschenleben retten. Vom zehnten Stock aus kann Christinan Braun bis nach Frankreich sehen. Er setzt jetzt – wie alle hier im Grenzgebiet – auf die Weitsicht der Politik, auf beiden Seiten.

Autorin: Sabine Rau, ARD Paris

Stand: 12.10.2020 00:14 Uhr

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