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Frankreich: Frischer Wind im alten Roubaix

Der Glanz ist hin. Früher war hier Leben. Ratterten Maschinen. Vorbei. – Doch: hinter den Kulissen – brodelt es: Jung, kreativ, extravagant. Neue Impulse für Roubaix. Die Hochschule für Mode. 250 junge Leute studieren, entwerfen, schneidern hier. "Kennen Sie den? – Monsieur Charles de Gaulle". Die Motive: ausgefallen, die Materialien: kostbar. – Es herrscht Konzentration, Nervosität, Geschäftigkeit: Generalprobe zum großen Defilee. "Wir sind hier im Backstage-Bereich für das Defilee der Abschlußklasse, Jahrgang 2018. Es ist für die Studenten eine große Präsentation – vor internationalen Publikum", erzählt Philippe Zmirou, Leiter der Hochschule für Mode, "Esmod".

Ein Haus für einen Euro

Frankreich: Vor allem junge Paare können leerstehende Häuser für einen Euro kaufen
Frankreich: Vor allem junge Paare können leerstehende Häuser für einen Euro kaufen

Und sie guckt sich auch alles ganz genau an. Marie und ihr Freund Jaques suchen ein Haus. Und zwar ausgerechnet in Roubaix. Denn: Hier bietet sich die Gelegenheit: Dieses Haus gibt es für nur einen Euro. Lucie Charron von der Stadt führt sie herum. Das Haus ist total heruntergekommen, seit Jahren unbewohnt. – Die beiden steigen auch in den Keller. Es ist dunkel und ein wenig muffig. Macht nichts. Jaques und Marie haben lange gewartet, auf diese Chance. Sie mussten sich bewerben als Käufer für das alte Gemäuer. Gründlich inspizieren sie alles – schließlich könnte es ihr künftiges zu Hause werden.

"Es hat wirklich viel Charme, aber es ist auch viel zu machen", so Marie Gadenne, Hauskäuferin. "Das habe ich eigentlich erwartet, ich habe es mir sogar schlimmer vorgestellt, um ehrlich zu sein", erzählt Jaques Vergnaud, Hauskäufer. Marie kämpft sich durch den verwilderten Garten. Lucie erklärt die Bedingungen: Junge Familien werden bevorzugt. Und: sie müssen Geld mitbringen. Für die Renovierung. Alles soll später energie- und umweltgerecht sein.

"Ihr Architekt wird sie sicher beraten", so Lucie. Marie: "Können Sie uns dabei helfen?" "Ja, wir haben eine Liste von Architekten für diese Häuser", erzählt Lucie.

Nochmal ein kritischer Blick: Sollen sie es wirklich wagen?

Roubaix ist eine Stadt voller Kontraste

Frankreich: Neue Konzepte sollen alte Arbeiterorten wieder lebendig machen
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Er leitet hier die Sanierung des gesamten Quartiers: Vincent Bougamont: "Hallo, sie haben gerade eine Besichtigung gemacht, – wie war denn ihr Eindruck?" "Ja, das wäre schon schön...", antwortet Marie. "Kann ich gut verstehen, das ist ein großes Haus und ein schöner Garten...", so Vincent Bougamont. Er will Roubaix wiederbeleben. Wir begleiten ihn. – Eine typische Arbeiterstadt. Gebaut 1920. Rund um die Textilfabriken, die Roubaix einst reich machten. 10.000ende haben hier gelebt, viele Zugewanderte gearbeitet. – Heute dieses Bild: vernachlässigt, verlassen, verwahrlost.

"Roubaix ist eine Stadt voller Kontraste. Eine Stadt voller Armut, eine der Ärmsten Frankreichs. – Und zugleich eine Stadt voller Dynamik, eine junge Stadt, die sich ständig verändert. – Nicht umsonst stammt die Idee mit den 1-Euro-Häusern von hier. Hier sind die Probleme groß, aber auch die Kraft zur Erneuerung und für die Zukunft etwas aufzubauen", Vincent Bougamont.

Und die Zukunft von Roubaix beginnt hier – in den Mauern der Vergangenheit: Ein Start-Up-Unternehmen, Textilbranche, versteht sich. T-Shirts, die nicht verkauft werden konnten, bekommen eine neues Out-fit. Die Näherinnen waren vorher arbeitslos – jetzt gibt es hier neue Jobs für sie – und es sollen noch mehr kommen. – Alles ist hier handgemacht, zwei Tausend T-Shirts, fertig für den Versand. Ein Anfang.

Eine Stadt im Umbruch

Frankreich: Der alte Industrieort Roubaix soll mit neuen Konzepten wieder lebendig werden
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Und das ist sein Werk: Guillaume Delbar ist der Bürgermeister von Roubaix. Ein unkonventioneller Typ. Patent. Zupackend. Uneitel. Und er hat noch viel mehr vor: Neue Unternehmen, junge Leute will er in die Stadt holen. Der Reichtum, die ganze Pracht: Vergangenheit. Heute hat Delbar mit einer Arbeitslosigkeit von 30 Prozent zu kämpfen. Und das will er ändern. "Wir sind eine Stadt im Umbruch. Es gab eine sehr wohlhabende, reiche Periode zur Zeit der Textilindustrie. – Seitdem müssen wir uns neu erfinden und die Chancen zum Wandel sehen. – Wir machen das etwa, indem wir existierende Gebäude nutzen um dort etwas Neues aufzubauen", erzählt Guillaume Delbar.

Zita hat gute Laune, obwohl sie gleich zu Bett muss: Zu Hause bei Marie und Jaques. Die Wohnung ist eigentlich zu klein, das 1-Euro- Haus in Roubaix wäre ideal. Noch leben sie in Lille, rund 20 Kilometer weit weg von Roubaix.

Marie: "In Lille ist mehr los. Und: In Lille ist man schneller am Bahnhof. Wir müssen beider öfter nach Paris. Roubaix ist nicht so dynamisch, ich habe Angst, daß wir dort ein bisschen isoliert sein könnten." Jaques: "Aber der Garten ändert alles." Marie: "Ja, der Garten ändert alles."

Alte Arbeiterstadt mit neuem Outfit

Frankreich: Die Tradition der Textilindustrie wird neu belebt, Arbeitsplätze werden geschaffen
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Während Jaques die Wäsche macht, diskutieren die beiden weiter. Jaques arbeitet für ein Start-Up-Unternehmen, Marie ist demnächst mit ihrem Wirtschaftsstudium fertig. Die 130.000 Euro für die Renovierung könnten sie schon aufbringen. Die beiden beschließen schließlich: sie wollen es mit Roubaix versuchen! "Ich glaube schon, dass da auch was los ist. Zum Beispiel das Kulturzentrum, in einer ehemaligen Lagerhalle: komplett renoviert. Ein Start-Up ist da jetzt drin, wie so oft in Roubaix. Es gibt viele Festivals – kulturell passiert da schon einiges", so Jaques.

Stimmt! Showtime. In der Modehochschule von Roubaix. – Experten aus der ganzen Welt – von Paris, über Moskau bis New York sind hier – und natürlich der Bürgermeister von Roubaix. Das kann sich sehen lassen. Alte Arbeiterstadt mit neuem Outfit!

Autorin: Sabine Rau/ARD Studio Paris

Stand: 28.08.2019 04:31 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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