Mo., 19.06.17 | 04:50 Uhr
Das Erste
Frankreich: Macronmania in Le Touquet
An der "Rue Saint-Jean" liegen sie ihm zu Füßen, als Emmanuel Macron mit seiner Ehefrau Brigitte das Sommerhaus der Familie verlässt. Und er genießt. Die "Villa Monejan" ist das Familienheiligtum der Macrons. Hier verbringen sie ihre Wochenenden, in dem Badeörtchen haben sie geheiratet. Seit er der erste Mann im Staat ist, kommt auch die Polizei – rund um die Uhr. Und die mehrstöckige Villa wurde auf einen Schlag berühmt.
Macron-Foto auf der Pralinen-Schachtel
"Wir wollten gerne das Haus der Macrons sehen, wo er ab und zu hinkommt, und hoffen, ihn eines Tages hier zu sehen", sagt der Tourist Jacques Fouquet. In der Chocolaterie, ein paar Meter weiter, ist Macron Stammkunde. "Ich liebe ihn", sagt Nadine Véron von der Chocolaterie Véron: "Und er ist ein schöner Mann, unser Präsident, und er ist sehr nett, wie auch seine Frau." An der nun entfachten Macronmania will sie ein bisschen mitverdienen. Bald, sagt Madame, wird ein Foto des Präsidenten mit den französischen Farben bleu-blanc-rouge die präsidiale Pralinen-Schachtel zieren.
In der Galerie verewigt
Die feine Brasserie "Café Les Sports" ist ihr Stammlokal. Seit jeher gehen hier berühmte Künstler und Politiker ein und aus. Verewigt in der Fotogalerie der Brasserie. Seit letztem Jahr hängt dort auch Manu, wie ihn hier alle nennen. Dank ihm sei der Umsatz um 10 bis 15 Prozent gestiegen, sagt der Chef Gilbert Fauquembergue: "Wir nennen es den Macron-Effekt. Viele Menschen kommen, um sein Haus anzugucken und um zu sehen, an welchem Tisch er immer isst. Er hat es geschafft, in kürzester Zeit Leute von rechts und links für sich zu gewinnen." Tisch 10 haben die Macrons. Und immer zuerst die grauen Crevetten. "Frankreich ist in solch einem Umbruch, und die Leute haben das, was in den vergangenen Jahren passiert ist, so satt, dass sie etwas Neues ausprobieren möchten", sagt Besucherin Francoise. "Und dazu muss er jetzt die Gelegenheit bekommen." Besucher Lucien sagt: "Es ist ein positiver Wandel für Frankreich."
Große Hoffnungen auf einen Neuanfang
Bis nach außerhalb, aufs Land, reicht der Triumph, dort wo sie den Roten vom "Chateau Sorgenfrei" trinken. Der Kandidat von "La République en Marche" ist zu Gast. Es geht um die Jagd, um Schlachthöfe und gestiegene Preis. Hier setzen sie große Hoffnungen auf ihren Jungen. "Er hat jetzt schon mehr Stil als der Clown, den wir vorher hatten", sagt Wirt Michel Lamort. "Es ist eine große Umwälzung, es ist unglaublich, nichts ist mehr so wie vorher, und wir fangen ganz von vorne an."
"Wir haben uns nach einem Präsidenten wie ihm gesehnt"
Mittlerweile glüht auch an der kleinen Stadthalle das Macron-Fieber. Tiphaine Auzière ist gekommen, Tochter von Macrons Ehefrau Brigitte. Sie ist hier Nachrück-Kandidatin für die Partei ihres Stiefvaters. "Ich bewundere die Arbeit, die er gemacht hat", sagt sie. "Wir haben uns nach einem Präsidenten wie ihm gesehnt, denn er hat endlich eine Zukunftsvision für die Gesellschaft. Und ich weiß, dass er ein Humanist ist. Daher wünsche ich ihm eine Mehrheit im Parlament, damit die Dinge hier vorwärtskommen."
Nicht überall nur präsidiale Sommerfrische
Die Villa. Das Präsidentenpaar. 81 Prozent der Stimmen für Macron in Le Touquet. Herrscht hier denn überall nur präsidiale Sommerfrische? Nicht ganz: Am Strand, der gerne auch als "Badewanne der Pariser" belächelt wird, da wurden nicht alle infiziert. "Noch nie haben sich so viele bei der Wahl enthalten", sagt Beachvolleyball-Trainer Fred Camel. "Das ist echt beeindruckend. Man glaubt jetzt, dass alle hinter Macron ständen, aber ich mache mir keine großen Illusionen, dass wir weit davon entfernt sind." Aline Pero sagt: "Ich habe Angst, dass er jetzt macht was er will und es niemanden gibt, der sich seinen Ideen entgegenstellt und eine sozialere Politik vertritt." Doch – so ganz verschont von der Macronmania bleiben auch sie und ihre Freundinnen nicht. Zu wuchtig, zu absolut, fast schon Royal wirkt der neue Präsident.
Autor: Mathias Werth, ARD Paris
Stand: 16.07.2019 02:01 Uhr
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