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Indonesien: Insel Gili – Vermülltes Urlaubsparadies

Indonesien: Insel Gili – Vermülltes Urlaubsparadies | Bild: SWR

Massentourismus und die Umweltfolgen. Noch vor 50 Jahren waren die Gili-Inseln unbewohnt. Jetzt sind sie die Partyinseln in Indonesien. Berühmt für Traumstrände und coole Bars, drohen sie jetzt im Müll zu ersticken. Die Barbesitzer fühlen sich verantwortlich – einige zumindest. Einmal die Woche räumen sie auf.

Touristen steigen am Strand von einem Boot
Vom Geheim-Tipp zur Partymeile: die Gili-Inseln | Bild: SWR

Wenn morgens die Sonne den Himmel orange anmalt und der Muezzin zum Gebet ruft, sind die Gili-Inseln immer noch ein Paradies. Doch kurze Zeit später kommen die ersten Party-Dampfer von Bali. Sie spucken jede Menge Touristen aus. Vor 15 Jahren waren die drei Inseln noch ein Geheimtipp. Jetzt kommen jeden Tag bis zu 4.000 Sonnenanbeter. "Die Strände sind großartig", schwärmt Touristin Kathie. "Wir haben so viel Gutes gehört und wollen ein bisschen Party machen." Ein paar hundert Meter weiter bereitet sich Delphine Robbe auf ihren Tauchgang vor. Die Französin kam nach dem Studium auf ihrer Weltreise vorbei. 2004 war das, als viele Backpacker noch am Strand übernachtet haben und es weder Strom noch Pizza gab. "Jemand hat mir die Gili-Inseln empfohlen wegen der Pferde und weil es ein Paradies zum Tauchen ist. Und dann dachte ich: cool. Ein guter Grund, um länger zu bleiben. Dann mache ich eben hier meinen Tauchlehrerschein. Dann bin ich irgendwie hängen geblieben."

Korallenriffe sind in Gefahr

Taucherin entfernt Müll bei Korallen im Meer
Auch unter Wasser hinterläßt der Tourismus seine Spuren | Bild: SWR

Zwischen Clownfischen und Riesenschildkröten. Die Gilis gelten als eines der schönsten Schnorchel-und Tauchgebiete Indonesiens. Doch der Massentourismus hinterlässt unter Wasser hässliche Spuren, erzählt die Tauchlehrerin. Die Anker der Motorboote, das Abwasser, das ungefiltert ins Meer fließt und der Müll zerstören die Korallenriffe. Und die globale Erderwärmung macht alles nur noch schlimmer. "Korallenriffe reagieren extrem sensibel auf Umwelt-Einflüsse", erklärt Delphine Robbe. "Und immer wenn es sehr heiß ist, dann sterben viele Korallen ab." Delphine taucht jede Woche mindestens einmal ab, sammelt Schnecken und Unrat von den Korallen ein. Außerdem bringt sie abgebrochene Korallen zu einer Stahlkonstruktion. Gleichstrom-Impulse sollen hier das Wachstum wieder anregen. Ein langwieriger Prozess. Ihre Tauchschüler bittet sie daher um eine Spende, eine Art Ökosteuer. Das machen jetzt alle Tauchschulen. Delphine versucht inzwischen, aus dem Massentourismus das Beste zu machen. "Dieses Projekt lebt auch von Spenden. Und ohne Touristen gäbe es keine Spenden."

Doch von 2009 bis 2015 ist die Zahl der Touristen von 39.000 pro Jahr angestiegen auf nun mehr als 1 Million pro Jahr. Das Hippi-Image der autofreien Inseln ist längst dahin. Die Gilis, der Ballermann Indonesiens. Zwischendurch immer wieder der Ruf des Muezzins. Für die Einheimischen, Muslime und meist ehemalige Fischer, ist der Party-Tourismus der Weg aus der Armut, aber auch ein Weg mit Kompromissen, sagt der Bürgermeister. "Der Tourismus bringt Wohlstand auf unsere Inseln", sagt Hidayat Taufik, "aber wir müssen darauf achten, dass unsere Kultur nicht untergeht. All diese Bikinis und der Alkohol. Wir sind ja Muslime. Wir müssen aufpassen, dass es da noch ein Gleichgewicht gibt."

Wohin mit dem Müll der Touristen?

Müllsammler mit Sack voller Plastikflaschen
Beim der Müllentsorgung müssen alle anpacken | Bild: SWR

Aus dem Gleichgewicht geraten, ist längst die Infrastruktur. Im Zentrum von Gili Trawangan, abseits der Strandmeile, dampft eine riesige Müllhalde. An jedem einzelnen Tag fallen zwischen 10 und 20 Tonnen Müll an. Und keiner weiß wohin damit. Delphine Robbe sammelt jeden Freitag mit Freiwilligen Müll in den Straßen und am Strand ein. Von einer funktionierenden öffentlichen Müllabfuhr seien die Gilis noch weit entfernt, sagt die 40jährige. Da helfe es nur, wenn alle Einheimischen selber mit Anpacken. "Der Müll wird sortiert und gepresst und nach Lombok oder Bali gebracht.  Viele Leute hier wissen hier gar nicht, dass man mit Plastiksammeln sogar Geld verdienen kann. Das ist nicht viel, aber immerhin. Das Geld liegt sozusagen auf der Straße."

200 Hotels und 150 Restaurants reihen sich hier wild aneinander. Wenn abends die Lichter auf Gili Trawangan angehen, füllt sich auch die Bar von Amok Bassok. Wir brauchen hier ein Konzept, sagt der Geschäftsmann. Sonst könnte die Party schnell vorbei sein. "Das Bewusstsein wächst langsam, dass sich etwas ändern muss. Nachhaltigkeit ist gefragt. Leider sind noch nicht alle Einheimischen bereit, wirklich etwas zu tun. Aber das müssen wir, bevor die Touristen weiterziehen. Wir müssen versuchen, sie hier zu halten."

Die Gili-Inseln. Am Ballermann Indonesiens bleibt die Frage offen: Wann aus vielen Touristen einfach zu viele Touristen werden.

Autorin: Sandra Ratzow, ARD-Studio Singapur

Stand: 27.08.2019 02:35 Uhr

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