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Irak: Bagdad soll bunter werden

Irak: Bagdad soll bunter werden | Bild: WDR

Es sind nur die Farbeimer, die verraten, dass dieses Team hier in Bagdads Viertel Al Fadl unterwegs ist in einen ganz besonderen Einsatz. Weg mit dem grau-braunen Wänden. Ali Khalifa und sein Künstler-Kollektiv mit dem mysteriösen Namen "Schmetterlingseffekt" haben eine Mission: Bagdad soll bunter werden: "Was mich anspornt, ist, wenn wir Lob für unsere Werke bekommen. Das motiviert mich – und Gott sei Dank, bisher haben wir kaum ein schlechtes Wort gehört. Ob alte oder junge Menschen, es ist für sie alle was Neues, aber eigentlich finden sie es schön, was mir machen."

Können ein paar Pinselstriche die Welt zu einem besseren Ort machen? Kunst wirkt, sagt Ali. Er und seine Mitstreiter wissen: Wenn sie von den Menschen gebeten werden, Wände zu bemalen, geht es immer um mehr als das auf den ersten Blick Ersichtliche: "Jedes Loch, jeder Riss in diesen Mauern steht für eine tragische Erinnerung. Wenn man dann aber Einschusslöcher zu Blumen machen kann, dann ist das eine Botschaft, dass man all die schlechten Tage hinter sich lassen kann."

Graue Wände lebendig machen

Irak: Graue Straßenzüge werden farbig.
Irak: Graue Straßenzüge werden farbig. | Bild: WDR

Schlechte Tage – hat diese Stadt schon viel zu viele erlebt. Bagdad, Irak – das klingt in den Ohren der Welt nach Krieg und Konflikt. Nach gefallenen Despoten und Geschichten voller Gewalt. Auch in den letzten Jahren brennt Bagdad immer mal wieder. Menschen gehen die Straßen, protestieren gegen Gewalt, Korruption oder Arbeitslosigkeit – viele junge Iraker kamen bei den Protesten ums Leben – in einem Land voller Zerstörung. Vor fünf Jahren, 2019, war Ali hier selbst bei einer Demo dabei – und malte dann dieses Mauer-Werk, eines seiner ersten. Das Motiv: Ein Appell an den Rest der Welt. "Ich habe das Bild gemalt, um die Vereinten Nationen aufzufordern, etwas für uns zu tun. Es waren damals UN-Beobachter in der Stadt, aber sie haben zunächst überhaupt nichts unternommen. Mein Bild prangerte das an, fand breite Aufmerksamkeit und es tat sich dann auch was. Das Bild zeigte Wirkung", erzählt er.

Aus dem einen Motiv sind inzwischen unzählige geworden. Überall in Bagdad – Alis bunte Welten. Keine Frage, die graue Stadt ist lebendiger geworden. Kunst verändert das Leben derer, die Tür an Tür mit ihr leben und sie verändert das Leben derer, die die Werke erschaffen. Alis Gruppe hat Zulauf bekommen – gerade viele Frauen, die in der konservativen irakischen Gesellschaft oft eher unsichtbar bleiben, möchten ihre eigenen Vorstellungen in Szene setzen. Bei Alis Kollektiv darf jeder und jede mitmachen. "Ich bin Hausfrau, habe keinen Abschluss, aber ich liebe es zu malen. Ich habe mich bei der Gruppe gemeldet und Ali sagte, komm einfach vorbei. Meine Heimat zu verschönern, das ist es, was ich will. Mehr Farben auf unseren Straßen, darum geht es, damit wir zum Leben ermutigt werden – damit wir das Leben spüren", sagt ein Mitglied des Kollektivs.

Impulse für eine buntere Zukunft setzen

Irak: Künstler Ali Khalifa hatte die Idee mit der bunten Graffiti.
Irak: Künstler Ali Khalifa hatte die Idee mit der bunten Graffiti. | Bild: WDR

Die Al Mutanabbi Gasse im Zentrum – Boulevard der Künstler und Kreativen – jahrelang war die Straße geschlossen, als Terroranschläge Bagdad in Atem hielten. Inzwischen pulsiert sie wieder, auch wenn der Alltag im Irak schwierig bleibt. Inflation und Wirtschaftskrise machen auch Ali zu schaffen. Aber der Maler, der sein Kollektiv durch Auftragsarbeiten und kleineren Spenden finanziert, will sich nicht entmutigen lassen.

Zeichen-Unterricht in einem Park in der Nähe. Impulse setzen. Ja, ein Bleistift oder Pinselstrich könne die Welt verändern, sagt Ali – so wie der Flügelschlag eines Schmetterlings: "Der Schmetterlingseffekt, ja, das ist ein wissenschaftlicher Ausdruck, eine Theorie. Jedes Wort, jede Tat, egal wie klein und einfach sie ist, hat eine Wirkung bis ans Ende aller Tage. Wenn es eine gute Tat ist, kann etwas daraus wachsen. Der Effekt bleibt bestehen, deswegen haben wir uns so benannt."

Im Viertel Al-Fadl haben Ali und seine Crew ihr Gemälde heute innerhalb weniger Stunden vollendet. Die Anwohner: angetan. Die Mission, Bagdad bunter zu machen, ist um ein Kapitel reicher – und doch noch lange nicht zu Ende. 

Autor: Simon Riesche / ARD Studio Kairo

Stand: 07.07.2024 18:28 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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