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Iran: Land unter im Machtkampf

Iran: Land unter im Machtkampf | Bild: BR

Das hier ist kein Fluss, sondern die Hauptstraße der Stadt Agh Ghala im Norden Irans. Seit 19 Tagen steht hier das Wasser, und nicht nur bis zu den Knien. Tagelange Regengüsse haben etliche Dörfer und Städte im Iran überflutet. 23 Provinzen sind betroffen. Der Katastrophenzustand ist in vielen Städten ausgerufen. Seit 50 Jahren haben die Menschen hier so etwas nicht erlebt.

Die Fluten haben niemanden verschont. Der 13-jährige Mahmoud zeigt uns das Haus seiner Eltern. Oder besser gesagt, dass was davon noch übriggeblieben ist.

Schwaches Katastrophenmanagement

Die Verantwortlichen in der Islamischen Republik üben sich eher in Schuldzuweisungen, als den Menschen schnelle Hilfe zu leisten. Die Revolutionsgarde ließ zwar im Norden der Stadt Sprengungen entlang der Bahngleise durchführen. Das gestaute Wasser sollte so besser abfließen können. Für den fehlerhaften Bau vieler Projekte, die zu Stauungen führten, ist die Revolutionsgarde aber selbst verantwortlich. Doch die Sprengung hatte keinen Effekt. Das Wasser fließt immer noch nicht ab. Die Menschen sind wütend.

Der Klimawandel allein ist nicht der Grund für die Katastrophe. Es ist vor allem wohl auch Missmanagement, das zu diesen Wassermassen mit beigetragen hat: Brücken werden mangelhaft gebaut. Flusssand wird immer wieder illegal aus den Flüssen entnommen und für den Hausbau verwendet. Bauaufträge für die Infrastruktur schachert man sich oft innerhalb der Revolutionsgarde zu. Dämme werden gebaut, um Geld zu verdienen, selten um Wassermanagement zu betreiben. Wasserkanäle fehlen. Wälder werden gerodet.
Die Regierung beschuldigt die Revolutionsgarde, die Revolutionsgarde die Regierung. Der inzwischen zur Normalität gewordene Machtkampf im Iran. An die Bevölkerung scheint dabei niemand zu denken.

Dramatisches Neujahrsferien

Probleme, die jetzt zu diesen landesweiten Überschwemmungen führten. Im erdbebengebeutelten Westen mussten Dutzende Dörfer evakuiert werden. Millionen Iraner wurden von den Fluten überrascht, als sie sich wegen der Neujahrsferien auf Reisen befanden. Besonders dramatische Szenen spielten sich in den Provinzen Lorestan und Fars ab: Viele Menschen, die mit ihrem Auto in den Ferien im Land unterwegs sind und sich kein Hotel leisten können, campten an den Straßenrändern. Genau die hat es am heftigsten getroffen. Bisher forderte die Katastrophe über 70 Todesopfer.

Die Hilfsorganisation Roter Halbmond ist inzwischen landesweit dauerhaft im Einsatz. Hier in der Stadt Pol-Dokhtar ist der Zustand besonders schlimm. 8000 Familien haben innerhalb von wenigen Stunden alles verloren. Die Wasserfluten überraschten sie vor einer Woche, füllten ihre Häuser mit Schlamm bis zur Decke. Viele konnten sich nur noch auf die Dächer retten und verharrten dort bis zu 24 Stunden. Während vor ihren Augen ihr Besitz zerstört wurde.
Diejenigen, die jetzt alles verloren haben, litten bereits schon unter der verheerenden wirtschaftlichen Lage im Land. Viele fürchten, dass sie vom Staat nichts bekommen werden für den Aufbau ihrer Häuser.

Endlich ist die Hilfsorganisation dann doch angekommen. Doch bis auf Essensrationen und Wasser haben sie nichts zu verteilen. Es fehlt ihnen an Budget um das Benötigte zu besorgen, wie Ali Asghar Peyvandi, Leiter Hilfsorganisation Roter Halbmond erklärt: "Wir haben drei Konten für Spenden aus dem Ausland, aber leider können wir diese Konten wegen der Sanktionen nicht benutzen. Transaktionen funktionieren nicht. Und deswegen können die Iraner die im Ausland leben, kein Geld an uns, die Hilfsorganisation Roter Halbmond, spenden. Die Sanktionen verhindern also die Geldüberweisungen."

Sanktionen, Klimawandel und vor allem Missmanagement. Im Iran ist über die Neujahrsferien Vieles zusammengekommen. Die Politik hat offenbar Warnungen von Umweltschützern ignoriert und keine Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Jetzt trifft es mal wieder die Ärmsten im Iran.

Autorin: Natalie Amiri, ARD Teheran

Stand: 07.04.2019 23:28 Uhr

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