Mo., 20.02.17 | 04:50 Uhr
Das Erste
Iran: Jubel für amerikanische Sportler
Die jungen Iraner können es noch gar nicht glauben, dass in dem einfahrenden Bus wirklich die bewunderten 12 Ringer aus den USA sitzen, die jetzt hierher in ihre Stadt Kermanschah gekommen sind. Und die Amerikaner, sie können es auch kaum glauben, dass sie so euphorisch begrüßt werden, denn eigentlich sind sie Staatsfeinde, seit Beginn der Islamischen Revolution vor knapp 40 Jahren.
Den iranischen Sportbegeisterten ist das egal. Stundenlang warten sie in der Schlange vor dem Imam Khomeini-Sportstadion, um eine Karte für den Weltcup im Freistilringen zu bekommen.
Beliebte Amerikaner
Und dann, der Einzug der Amerikaner ins iranische Stadion. Zwei Tage werden die Wettkämpfe in der Stadt dauern. Die Iraner zeigen ganz klar, fernab der politischen Vorgaben des Systems, wer Feind oder Freund ist: Freund ist hier der Amerikaner. Besonders Jordan Burroughs, der Goldmedaillengewinner von Olympia, ist für die Iraner ein Superstar. Ihn endlich mal live zu sehen, war schon lange der Wunsch von Mohammad Mohammadi. Dass er dann auch noch in der ersten Runde gewinnt, findet großen Beifall bei ihm und im Publikum. Von politischen Spannungen zwischen den zwei Ländern hier keine Spur.
Mohammad Mohammadi erklärt: "Jedes Land hat doch seine eigene Politik. Wir haben kein Problem mit den Amerikanern, denn das hier ist Sport. Amerika hat sehr gute Ringer; wir bewundern sie."
Im nächsten Kampf werden die Sympathien noch deutlicher. Die Iraner wieder klar auf der Seite der USA. Der russische Teilnehmer, auf der politischen Bühne eigentlich der Verbündete, wird jedoch bei seinem Sieg ausgebuht.
Schatten der Vergangenheit
Ein wenig traurig schaut Mohammad auf die Frauen, die jetzt in der Pause in den Ring dürfen. Er hätte seine Ehefrau heute auch gerne mitgenommen. Doch Frauen ist das Zuschauen bei sportlichen Wettkämpfen im Iran verboten. Diese hier sollen die Politik wieder in den Sport zurückbringen: es sind Mütter von Gefallenen des Iran-Irak-Krieges, an die der Sportverband hier erinnern will. Denn die Stadt Kermanschah im Westen des Landes wurde während des achtjährigen Iran-Irak Kriegs schwer verwüstet. Der Irak besetzte sogar zeitweise Teile der Provinz Kermanschah. Unterstützt wurde das Nachbarland dabei von den USA – gegen den Iran.
Nach dem Wettkampf macht Mohammad mit seiner Frau Hadith einen Ausflug, in einen Park in den Bergen, wo sie auch immer an die Vergangenheit, an den Krieg erinnert werden. Hadith hat eine ganz andere Meinung über die Anwesenheit der Amerikaner in ihrer Stadt als ihr Mann: "Mir war es gar nicht recht, dass die Amerikaner in unser Land kommen. Auch jetzt bin ich nicht froh, dass sie hier sind, weil in all den Jahren des Krieges hat Amerika den Irak unterstützt. Wir haben viele unser Lieben in diesem Krieg verloren: Mein Bruder verschwand in diesem Krieg und wir haben bis heute nichts mehr von ihm gehört."
Trump zündelt
Dass die Spannungen nach dem Annäherungskurs von Obama wieder zugenommen haben, seit Trump Präsident ist, verängstigt sie beide. Mohammad Mohammadi: "Es ist doch für alle besser, wenn es nicht zu einem Krieg kommt. Alle Menschen wollen in Frieden leben. Aber dass Trump solche Aussagen macht, dass Krieg gegen den Iran auch eine Option ist, ist gar nicht gut. Wirtschaftlich gesehen ist alles schlimm genug hier. Durch die jahrelangen Sanktionen ist der Iran sowieso schon wirtschaftlich zurückgeblieben."
Am nächsten Tag im Stadion beim Finale fiebert Mohammad wieder mit, doch dieses Mal für sein eigenes Land. Denn im Finale stehen sich der Iran und die USA vis-à-vis gegenüber.
Mohammad kann sich am Ende freuen. Der Iran gewinnt gegen den jahrelangen Sieger im Ringen. Der Wettkampf, sagt man uns später hinter vorgehaltener Hand, war ein Triumph des Sports über die Politik. Und der wird erstmal gefeiert im Iran.
Autorin: Natalie Amiri, ARD Teheran
Stand: 13.07.2019 23:26 Uhr
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