So., 25.04.21 | 19:20 Uhr
Das Erste
Italien: Impfen auf den Urlaubsinseln
Auf Capri erfüllen sich Träume. Dieses Versprechen zieht jährlich mehr als zwei Millionen Urlauber an – so sind sie es gewohnt hier. Noch warten alle. Warten, dass sie endlich wiederkommen.
Das Juwel im Golf von Neapel zeigt sich in seiner ganzen Pracht. Auch der Zitronengarten der Schwestern Buonocore – eine Attraktion auf der Insel. Vor allem das, was sie aus den duftenden Zitrusfrüchten zaubern: "Ah guck mal, hier sind schon überall Blüten und Zitronen gleichzeitig! Ein betäubender Duft. Wundervoll! Dieses Jahr hatten wir so viel Regen, dass alles so gut gewachsen ist. Schau mal, der Zweig biegt sich schon unter der Last. Die warten nur darauf, dass wir aus ihnen Eis und Gebäck machen", sagt Ersilia Buonocore.
Schnelle Impfungen sollen Tourismus ermöglichen
In der Prachtstraße Via Camerelle putzen sich die Luxusboutiquen für die zahlungskräftigen Urlauber*innen heraus. Mit ihnen machte die Insel bis zur Pandemie einen Großteil des Umsatzes. Das wollen sie jetzt wieder erreichen mit dem Werbeslogan 'Covid-Free Capri'.
Bis zum Sommer sollten alle hier durchgeimpft sein und die Insel wieder ein Ort der Erholung und des Dolce Vita. Die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner hat schon die erste Impfung erhalten. Was übrig ist, wird am Wochenende noch spontan verabreicht – nicht immer nach der vorgegebenen Priorisierung. "Capri könnte bis zum Ende des Monats oder bis Anfang Mai Covid-frei sein, auch weil das ja zusammenpasst mit der geplanten Öffnung der kommerziellen Angebote", erzählt Inselarzt, Dr. Bruno D'Orazi.
Doch die Insel bekommt jetzt heftigen Gegenwind vom Festland. Beim Impfen vorpreschen, um im Sommer als Erstes die Urlauber an Land zu ziehen – das hat die anderen Touristenorte gegen Capris Bürgermeister Marino Lembo aufgebracht. "Es gibt in Wirklichkeit keinen Streit, sondern unterschiedliche Ansichten. Wir haben lediglich den Druck erhöht, damit die Touristenorte auf den Inseln mehr beachtet werden", sagt er.
Das Festland sieht sich im Nachteil
Ein Blick aufs Festland, zur anderen Seite. In der berühmten Ausgrabungsstätte Herculaneum schlagen sie die Zeit tot. Auch hier warten alle, dass die Besucher endlich wiederkommen. 600.000 waren es 2019, im letzten Jahr kamen gerade mal 60.000. Francesco Sirano, Direktor Herculaneum erzählt: "Ich hoffe, dass wir alle in ein Leben zurückkehren, das vielleicht nicht wie das vorher sein wird, aber in dem Orte wie diese wieder besucht werden können. Die sind so wichtig für alle, denn auch die Seele braucht Nahrung." Von der Ausgrabungsstätte ist der Ort Eculano wirtschaftlich abhängig. Die Gäste sind der einzige Lichtblick.
Vom reinen Tagestourismus konnte sich das Städtchen bei Neapel mühsam zu einigen Übernachtungen hocharbeiten – 2000 Betten hat der Ort, jeder Gast zählt. Auf Capri haben sie nach Ansicht des Bürgermeisters Luxussorgen – hier geht’s ums nackte Überleben. "Ich denke nicht, dass es richtig wäre, Capri, Ischia oder Procida vorzuziehen und damit Pompeji, Herkulaneum, Neapel, die Sorrentinische- und die Amalfi-Küste zu vergessen", sagt der Bürgermeister des Herkulaneum, Ciro Buonajuto und fügt hinzu: "Der Tourismus beginnt erst wieder, wenn es Massenimpfungen gegeben hat, nicht, weil eine Insel geimpft wurde."
Capri bereitet sich auf die Saison vor
Aber auf Capri hoffen sie weiter. Die Zitronenfrauen haben extra ihre Eisdiele umgebaut. Um die Kasse herum sind Glasscheiben angebracht, damit die Frauen im Sommer ohne Maske arbeiten können. "Wir müssen arbeiten und wir wollen auch unbedingt arbeiten, aber mit einer Sicherheit für uns und unsere Kunden", findet Ersilia Buonocore.
Glasklares Meerwasser umspült die Insel, formt traumhafte Buchten und verborgene Höhlen. Alfonso Tizzano fährt Besucher*innen zu den berühmten Grotten – und er rechnet fest damit, dass sie alle wiederkommen werden. Dank der Impfungen. "Das alles verdanken wir der Philosophie unserer Gegend, die besagt, dass man das Fass ansehen muss, wenn es voll ist. Denn ist es einmal leer, hat das ja keinen Sinn mehr", sagt er. Capri für alle Sinne – die Trauminsel lockt mit allem, was sie hat, bis die Sonne im Meer versinkt.
Autorin: Anja Miller / ARD Studio Rom
Stand: 25.04.2021 20:22 Uhr
Kommentare