So., 02.04.23 | 18:30 Uhr
Das Erste
Italien/Spanien: Winterdürre – was tun?
Knochenharte Ackerböden, ausgetrocknete Flussläufe und leere Staubecken. Die Dürre hält an. In weiten Teilen Europas ist es derzeit so trocken wie noch nie zu dieser Jahreszeit.
Beispiel Spanien. Die Pegel der Stauseen sind so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Der Wasserverbrauch wurde eingeschränkt. Auch wenn Spanien in Europa ein Vorreiter bei der Wasserrückgewinnung ist, sorgen sie sich vor der nächsten Hitzewelle. Das vergangene Jahr war für Spanien das wärmste und eines der trockensten seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Und jetzt im März gab es bereits Temperaturen von 30 Grad und heftige Waldbrände.Seit mehr als zwei Jahren hat es in Katalonien im Nordosten kaum noch geregnet.
Die Talsperre Sau zeigt das Drama eindrucksvoll. Tonnenweise wird Fisch entnommen, um die Qualität des restlichen Wasserbestand zu sichern. Denn der Stausee, der den Großraum Barcelona mitversorgt, ist nur noch mit knapp sieben Prozent gefüllt. Vor 50 Jahren wurde er angelegt, dabei versank die mittelalterliche Kirche Sant Romà in den Fluten. Jetzt ist sie wieder komplett aufgetaucht. "Es macht mich sehr betroffen. Denn ich wurde hier geboren und habe hier gelebt. Die Landschaft hat sich sehr verändert und es macht mich traurig", erzählt Benite Autet.
Düstere Aussichten
Um die Wasserversorgung in der Region zu sichern, wurde in mehr als 200 Gemeinden der Verbrauch rationiert. Und man setzt auf die Nutzung von recyceltem Wasser. Abwässer, die in Kläranlagen aufbereitet und gesäubert werden, und so wieder in Flüsse eingeleitet werden. Auch Meerwasser wird entsalzt. Katalonien investiert dafür hohe Millionenbeträge. 24 Anlagen sind es bislang. Und bei diesem Klima-Extremszenario will die Regierung weitere Anlagen bauen.
"Die Auswirkungen des Klimawandels werden immer unbeständiger. Das Phänomen verstärkt sich. Der Regen bleibt immer mehr aus. Hier in Katalonien werden wir verstärkt auf diese technischen Verfahren zurückgreifen müssen, um eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten", sagt Rafael Mujeriego von der spanischen Vereinigung für Wasserrecycling Asersa.
Die Landwirtschaft ist größter Wasserverbraucher. Für seine Aprikosenplantage darf Landwirt Parés alle drei Wochen Wasser aus den gespeisten Flüssen entnehmen. Bis vor kurzem gab es eine Zuteilung von 1000 Litern pro Sekunde, jetzt nur noch 400: "Das ist eine sehr ernste Angelegenheit. Das habe ich so noch nie erlebt. Wir gehen in den Sommer und schon jetzt sind die Stauseen leer und es ist kein Regen vorhergesagt. Vielleicht müssen wir nochmal beten gehen. Es sieht nicht gut aus." Die Grundwasserreserven sinken dramatisch. Es bräuchte vier Monate lang jeden Tag 50 Liter Regen auf den Quadratmeter, um sie wieder aufzufüllen.
Tourismus-Saison startet in Italien früher
Und Italien. Der vergangene Dürre-Sommer verursachte immense Schäden auch in der Landwirtschaft. Darauf folgte ein Winter fast ohne Niederschläge. In den italienischen Alpen ist in den vergangenen Monaten nur halb so viel Schnee wie sonst üblich gefallen. Jetzt heißt es Wasser sparen – und der nächste Sommer steht kurz bevor. In diesem Jahr kommen die Tourist:innen früher als sonst zum Gardasee. Es ist warm und trocken, man kann zu Fuß auf die Insel San Biagio gelangen.
Davide Sclavini ist hier Gärtner. Besorgt blickt er auf den See: "Innerhalb eines Jahres ist das Wasser so weit zurückgegangen. Früher hat es bis zu der Mauer gereicht, ich war da immer fischen." Mit dem niedrigen Pegelstand hat sich diese Sandbrücke zu einer beliebten Spazierstrecke entwickelt. Und das Geschäft mit den Besucher:innen gleich mit. Fünf Euro Eintritt für die Insel. "Ich als Kioskbesitzer auf der Insel kann nur zufrieden sein, weil für mich die Saison deutlich früher angefangen hat. Im Normalfall fängt die nämlich erst an Ostern an", sagt Kioskbesitzer Davide Redolfi.
Schlecht laufen dagegen die Geschäfte der Bootsfahrer:innen. Weil die Leute zu Fuß gehen oder der Pegelstand für viele Boote zu niedrig ist. Giancarlo Fucina arbeitet gerade nur halb so viel wie sonst: "Wir haben noch zwei Monate, in denen es regnen könnte – und das muss es auch, aber richtig. Tropfen, so groß wie Eimer!"
Ein knappes Gut
Der Gardasee ist auch das große Wasserreservoir Italiens. Er speist den Fluss Po und ist damit besonders wichtig für die Bewässerung der Felder in der Po-Ebene – der Kampf ums Wasser ist bereits in vollem Gange. Landwirtschaft und Tourismus müssen sich umstellen. Dieses Weinkonsortium in der Emilia Romagna hat bis vor wenigen Jahren sein Wasser aus tiefen Brunnen geholt. Der Grundwasserspiegel sank immer weiter ab. Dann haben sie diese moderne Aufbereitungsanlage gekauft. Der Frischwasserbedarf hat sich seitdem fast halbiert.
"Wir wollen zeigen, dass man mit den richtigen Investitionen die negativen Auswirkungen auf die Umwelt reduzieren kann", sagt Domenico Dosio. Ein großer Teil der knapp 400.000 Liter Wasser, die in der Fabrik am Tag verbraucht werden, kommt aus der eigenen Wiederaufbereitungsanlage. "Das ist das Ergebnis nach dem Filterprozess." Und das wird statt dem kostbaren Grundwasser zum Beispiel beim Auswaschen der Flaschen verwendet.
Italien weiß, weitreichender Maßnahmen müssen folgen. Um die Trockenheit tief im Boden wieder auszugleichen, bräuchte es jetzt monatelangen Regen, sagen Meteorologen. Doch den erwarten sie nicht. Für die kommenden Monate verheißt das nichts Gutes.
Autoren: Anja Miller / ARD Rom // Michael Stocks / ARD Madrid
Stand: 02.04.2023 20:35 Uhr
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