Mo., 23.04.18 | 04:50 Uhr
Das Erste
Jemen: Opfer des Krieges
Ahmed bin Ahmed Salim Halisi dachte, er hätte seine Familie aus der heißen Kampfzone gebracht. Aber er hatte sich getäuscht. Anfang April, am Vormittag, griff die saudische Luftwaffe an, erzählt er. "Wir sind von der Front hierher geflüchtet, weil man uns gesagt hat, es sei sicher hier. Und dann schlug die Rakete ein und alle rannten raus." Seine Familie ist jetzt obdachlos. Ahmed sucht nach Dingen, die noch zu gebrauchen sind. Egal was. "Das ist die Decke von dem Kind – das getötet wurde."
Es ist eine reine Wohngegend. Ahmed versteht nicht, warum Saudi-Arabien immer wieder Zivilisten tötet? Eine Vergeltungsaktion? Er weiß auch, dass eine Woche zuvor vom Jemen aus Raketen auf Städte in Saudi-Arabien abgefeuert wurden. Raketen, mit einer Reichweite von bis zu 800 Kilometern. Die US-Regierung behauptet, dass Iran die Technik geliefert hat.
Flugzeuge aus Saudi-Arabien haben wahllos bombardiert
Ahmed fährt in das Krankenhaus in Hodaydah, wo seine Familie behandelt wird. Hier werden täglich Verletzte oder Menschen eingeliefert, die an den Folgen des Krieges, wie zum Beispiel Unterernährung, erkrankt sind. Ahmeds Schwiegertochter Aminah. "Wir saßen da, als das Flugzeug kam und uns bombardierte, und dabei starb mein Sohn", erzählt Aminah. "Er war vier Jahre alt. Mein Ehemann wurde verletzt." "Dieses Flugzeug hat wahllos bombardiert. Alles", sagt Ahmed. Und Aminah ergänzt: "Und als wir dann flüchteten haben uns die saudi-arabischen Flugzeuge weiter beschossen. Dabei sind mein Onkel väterlicherseits und seine Tochter umgekommen."
Ahmed will noch einmal seinen Enkel sehen, der mit vier Jahren aus dem Leben schied. Auf dem Weg dorthin, fährt er an dem Hafen von Hodaydah vorbei, der auch immer wieder Ziel von Angriffen der saudischen Luftwaffe ist. Wie Ahmed fragen sich auch die Fischer, wohin dieser Krieg führen soll. Hinzukommt die Wirtschaftsblockade durch Saudi-Arabien. Das Meer ist noch eine der ganz wenigen Möglichkeiten, sagen sie, sich selbst zu ernähren. "Wir gehen zwar fischen aber fürchten, dass wir von Flugzeugen angegriffen werden. Die haben Freunde von uns getötet. Vier Menschen." Die Fischer haben langsam den Eindruck, dass der saudischen Luftwaffe mehr und mehr die militärischen Ziele ausgehen. "Wir sind Fischer, warum greifen die uns an? Was ist der Grund. Es gibt keinen Grund. Warum greifen sie überhaupt Fischer an. Was können wir dafür. Das ist frevelhaft."
Mit großer militärischer Überlegenheit will Saudi-Arabien eine Vormachtstellung am Golf, im Jemen, gegen iranische Interessen etablieren. Ahmed geht zu einem der vielen Kühlcontainer der Stadt. In einem liegt Abdulmalik. "Mein Enkel. Ein Kind des Krieges." Ahmed möchte sich nicht von seinem Enkel trennen. So schmerzhaft ist der Abschied.
Alexander Stenzel, ARD-Studio Kairo
Stand: 03.08.2019 01:05 Uhr
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