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Kuba: Millennials – die neue Generation

Kuba: Millennials – die neue Generation | Bild: imago

Für sie ist Fidel Castro schon ein Mann aus dem Geschichtsunterricht. Sie schauen auf Kuba und die ganze Welt. Optimisten, weil sie jung sind und viel Energie haben. Ein Leben jenseits der Revolutionsnostalgie.

Sehnsucht nach Freiheiten

Ein spanischer Mode-Designer interpretiert das Havanna der 50er Jahre und Thays Roque ist Feuer und Flamme. Arbeit verbindet sich gerade mit intensiver Leidenschaft: "Ich sehe das als Hommage an unsere Stadt. Wir sind elegant, wir sind wichtig, wir haben unseren Stil, der uns ausmacht." Bereits so eine Kamera zu haben, ist in Kuba eine Herausforderung. Eine Modezeitschrift zu erschaffen, unbändige Willenskraft. Das Online-Magazin "Garbos" muss bald fertig werden. Eine Art Vogue für Kuba. Weil es die nicht gibt, dafür aber so viele kubanische Künstler, die inspirieren – und die brauchen Sichtbarkeit. "Meine Generation hat große Sehnsucht, Sachen zu machen. Die Sehnsucht nach Freiheiten, neuen Räumen. Um Ideen, Projekte, Initiativen durchzusetzen. Wir haben die Sehnsucht, Dinge zu verändern."

Journalistinnen bei Besprechung
Die Modezeitschrift "Garbos" wird eher toleriert denn offiziell erlaubt. | Bild: SWR

Jeder arbeitet hier nebenberuflich, ohne Einkommen und in einer rechtlichen Grauzone: Der Staat kontrolliert mit Lizenzen, wer was publizieren darf. Und "Garbos" hat diese Lizenz nicht. Wird eher toleriert. "Ich will mein Land zeigen und die Erlaubnis dafür haben. Ein bisschen geht das ja. Aber ich möchte mehr, intensiver mit mehr Möglichkeiten, ohne Grenzen."

Mangel macht kreativ

Grenzen zu verschieben, ist genau das Ding von Devon Ruiz und Alberto. Weniger Eleganz, mehr Punk, ganz sicher Kunst. Sie sind Sonderlinge in Havanna und stolz darauf. "Das Politische betrifft mich nicht", meint Devon Ruiz. "Was uns in Kuba fehlt, ist nur Geld, denn wir sind schon berühmt, jeder will uns sehen und mehr von uns wissen. Also es fehlt nur Geld, wir haben alles." "Die Welt steht offen?" "Ja, also die Welt ist nicht offen, aber wir."

Künstlerin Devon Ruiz beim Fotografieren
Künstlerin Devon Ruiz | Bild: SWR

Was der 18-jährigen wirklich wichtig ist: Tierschutz. Ansonsten Freiheit, aber Freiheit könne man sich doch nehmen. Die Politik Kubas, US-Sanktionen, der Mangel seien kein Hindernis. "Dadurch, dass uns Produkte fehlen, dadurch, dass uns so viel fehlt, müssen wir mehr denken. Dafür sorgen, dass unsere Fantasie fliegt, und das macht uns kreativer."

Devon stellt ihre Bilder in Cafés aus und hofft auf internationale Käufer. Und fordert mit nackter Haut – unverfroren – die Gesellschaft in Kuba heraus: "Menschen zu finden, die nackt fotografiert werden wollen, ist sehr schwer. In Kuba versuchen eigentlich alle, den Körper zu verbergen – wenn du kurze Sachen trägst, viel Haut zeigst, dann lassen dich die Männer nicht in Ruhe."

Das Internet als Tor zur Welt

Kunst provoziert Wandel. Für Thays ist die "Fabrica de Arte Cubana" das Epizentrum der Moderne in Havanna, ein Ort, der die Sehnsucht der Millennials beflügelt, das Land mit dem eigenen Zeitgeist zu prägen. "Unsere Generation sucht die Provokation, wir loten die Grenzen aus. Versuchen die Glasdecken zu sprengen und Regeln. Was du hier siehst, ist normal, das ist real, diese Menschen lieben sich: Die Hautfarbe ist egal, das Alter, das Geschlecht. Und sie sollten sich auch nicht heimlich lieben müssen."

Internet ist noch recht neu, eingeschränkt und teuer, aber es ist verfügbar und so verknüpfen sich Millennials in Kuba mit der Welt und die Welt mit Kuba. "Unsere Kreativität explodiert maximal, es ist wie ein Elektroschock in meiner Generation, all diese Information aus dem Internet."

Musik-Band
"Geh deinen eigenen Weg" lautet das Motto. | Bild: SWR

Sich in allem ausprobieren, das wollen Devon und ihre Freunde. Was sie brauchen, suchen sie sich oft aus Abfall zusammen, das andere bringen Freunde aus dem Ausland mit. Mach dich nicht vom Konsum abhängig und geh deinen eigenen Weg, ist ihre Botschaft: "Was es der Gesellschaft bringt, dass ich anders bin? Dass mehr Menschen versuchen, anders zu sein!", sagt Devon Ruiz.

Thays geht in den Endspurt für das Online-Magazin "Garbos". Es fehlt noch das Titelbild. Eine gedruckte Version können sich die Macher nicht leisten, das Magazin herunterzuladen wiederrum können sich viele Kubaner nicht leisten, aber es ist da, ein Anfang für etwas Neues. "Unsere Generation ist die, die im Moment die Geschichte Kubas schreibt. Ich möchte, dass sie dieses Land mit Liebe aufbaut, Verständnis, Respekt und dass sie nicht auswandert." Die Millennials haben den Willen, mitzumischen in Kuba, an die Welt da draußen nicht nur anzuschließen, sondern sie zu inspirieren auf ihre kubanische Weise.

Ein Film von Xenia Böttcher, ARD-Studio Mexiko

Stand: 18.11.2019 14:12 Uhr

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