So., 07.07.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Der Kampf gegen Selbstmorde im US-Militär
In Arlington blutet Amerikas Herz. Auf dem Heldenfriedhof liegen die Gefallenen vieler Schlachten, vom Bürgerkrieg bis Afghanistan. Für Rob ist dieser Ort die Hölle. Der Irak-Veteran muss sich überwinden, die Gräber seiner Kameraden zu besuchen. Er hat den Krieg überlebt, ist aber schwer traumatisiert, war suizidgefährdet. "Hier kommen die Zweifel wieder hoch, warum ich eigentlich noch da bin. Es erfüllt mich mit Trauer, an all die zu denken, die ihr Leben verloren haben. Der Friedhof ist sehr emotional für mich. Das sind Gefühle, die ich nicht gern zeige", sagt er. Im Schatten der toten Helden ist kein Platz für Hilferufe der Lebensmüden.
Schlimme Erinnerungen an den Krieg
Robs schrecklichen Erinnerungen wollen nicht verblassen. Dreimal geriet er in Sprengfallen, erlitt schlimme Rückenverletzungen. Doch es sind die unsichtbaren Wunden, die ihn bis heute quälen. "Ich hatte viele Alpträume. Sobald ich einschlief war ich zurück im Irak. Ich habe im Schlaf laut geschrien, bin davon hochgeschreckt. Meine Frau fragte dann, was ist los? Ich habe diese Bilder vor Augen, sehe Leute diese Dinge tun, unmoralische Dinge. Sie haben mit abgerissenen Körperteilen herumgespielt … Ich hatte starke Selbstmordgedanken, sah keinen Platz mehr für mich, wollte einfach nicht mehr sein."
Video: Das komplette Interview mit dem Soldaten Robert Burton (auf Englisch)
Mit "Ride2Recovery" zurück ins Leben
Rob und viele andere an Leib und Seele Verwundete haben ihren eigenen Heilungsweg gefunden. Ex-Radprofi John lädt sie zum "Ride2Recovery" ein, einer 500 Kilometer Wochen-Tour für Veteranen, von Washington runter nach Virginia Beach. Rob ist schon zum 9. Mal dabei und kennt die Schinderei. Die traumatisierten Soldaten sollen ihre Balance wiederfinden und in der völligen körperlichen Erschöpfung ihre düsteren Dämonen hinter sich lassen.
Sie alle haben das Töten gelernt. Nun kämpfen sie sich zurück ins Leben. Immer wieder angefeuert von dankbaren Amerikanern am Straßenrand. Die Nation weiß, welche Opfer viele Veteranen gebracht haben, welche Last sie mit sich herumschleppen. In dieser Truppe sind Ängste kein Tabu. Selbst der wortkarge Rob taut auf. Hier können sie offen reden, auch darüber, warum die US-Streitkräfte heute mehr Soldaten durch Selbstmord verlieren als im Kampf.
Begegnungen mit der Vergangenheit
Auf der Rad-Tour lassen die Kriegs-Veteranen niemanden zurück. Soldatenehre bis heute. Immer wieder fahren die Veteranen durch Armee-Kasernen und Marine-Stützpunkte - aufwühlende Bebegnungen mit ihrer Vergangenheit. Und dann die Zieleinfahrt an den US-Flaggen vorbei. Rob ist nach sieben Tagen und 500 Kilometern im Sattel zu erschöpft zum Jubeln. Vielleicht denkt er auch schon an das schwarze Loch nach dem kollektiven Glücksgefühl. Die heilenden Helden nehmen Abschied. Bis zur nächsten Tour im kommenden Jahr. Rob hat versprochen, wieder dabei zu sein. Seine Familie wird ihn bis dahin stützen müssen, vor allem an den düsteren Tagen …
Autor: Stefan Niemann, ARD-Studio Washington
Stand: 15.04.2014 11:08 Uhr
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