So., 07.07.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Ghana: Wie aus armen Fischern Boxweltmeister werden
Es heißt: die Fischer von Accra prügeln sich gern. Kein Wunder also, dass aus ihrem Viertel Bukom neun ehemalige Boxweltmeister kommen. Ein Champion will auch er werden: Joshua Okine. Seit 12 Jahren ist Joshua Profiboxer. Sein Ziel: der Weltmeistertitel im Weltergewicht, für Boxer bis 66 Kilo. "Ich komme aus einer armen Familie. Und mit Boxen kann man viel Geld machen. Als Fischer verdient man kaum noch was, aber mit einem Meistertitel im Boxen hätte meine Familie ausgesorgt", erklärt er.
Training im "Haus der Schmerzen"
Im Viertel um den Leuchtturm reiht sich eine Boxschule an die andere. Die Ausstattung ist miserabel, der Ringboden meist aus Beton. Diese Trainingshalle gilt als Meisterschmiede und nennt sich das "Haus der Schmerzen". Zweimal täglich trainiert Joshua Okine hier zusammen mit zwei Dutzend anderen Boxern. Sein Manager zahlt ihm monatlich 160 Euro - quasi als Vorschuss auf einen möglichen Meistertitel.
Vom Fischkutter in den Boxring
Joshua Okine ist in Bukom aufgewachsen. Sein Vater und Großvater waren noch Fischer. Er selbst schlägt sich als Boxer durch. Für ein paar Profikämpfe war er in London und New York. Er lebt mit Frau und zwei Kindern inmitten seiner Großfamilie. Wie viele dazu gehören, weiß er nicht genau. Er hat nie nachgezählt. Das größte Zimmer teilen sich sechs seiner Geschwister. Auch den Laptop, den er sich von seinem letzten Preisgeld gekauft hat. Weitere Anschaffungen müssen warten - bis zum nächsten Sieg.
Boxen ist ein Armeleutesport. Für die Fischer die einzige Möglichkeit, reich zu werden. Ihr Viertel Bukom ist der arme Nachbar von Accras Innenstadt. Zwischen Hochhäusern und Flachbauten liegen Welten - mehr als nur vier Kilometer Luftlinie. Sich ganz nach oben boxen - das ist Joshuas Traum. Dabei weiß er oft nicht mal, wie er die Schuluniform seiner beiden Kinder bezahlen soll. Alles hängt ab vom nächsten Kampf. Am Wochenende soll es so weit sein. Das jedenfalls hat ihm Boxpromoter Tetteh versprochen. Pro Jahr organisiert er in Ghana vier Großveranstaltungen und allein in Bukom kann er unter 500 hauptberuflichen Boxern auswählen.
Keine Werbung - dafür Clowns und Halligalli
In Ghanas Nationalstadion kostet ein Platz am Boxring umgerechnet zwölf Euro. Dafür werden an diesem Abend sieben Kämpfe geboten. Es gibt weder Werbung noch Sponsoren, dafür Clowns und Halligalli. Drei bis vier Profikämpfe hat Joshua im Jahr. Und jeden muss er gewinnen, um dem Weltmeistertitel im Weltergewicht näher zu kommen.
Joshuas Gegner kommt an diesem Abend aus Nigeria. Beide sehen sich im Ring zum ersten Mal. Bereits in der dritten Runde ist der Kampf beendet. Das Publikum ist begeistert und Joshua um 1.000 Euro Siegprämie reicher. Am Tag nach dem Sieg nimmt Joshua seine Kinder mit in die Boxschule. Sie sollen von klein auf lernen, was man mit Disziplin und Willenskraft erreichen kann. Joshua hat gute Chancen auf den Weltmeistertitel. Und wenn er es nicht schafft? Dann vielleicht sein achtjähriger Sohn Braimah.
Autor: Peter Schreiber, ARD-Studio Nairobi
Stand: 07.07.2013 20:56 Uhr
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