So., 09.06.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Spanien: Wie Japans Appetit das Mittelmeer leert
Früh fahren die Fischer von Barbate in diesen Tagen hinaus aufs Meer. Mit ihren Booten und Netzen haben die Fischer ein Becken gebildet. Vorher sind die riesigen Raubtiere durch ein Netzlabyrinth, das am Meeresboden verankert ist, geleitet worden. Nun haben sie keine Chance mehr. Die Netze werden angehoben, die Thunfische verenden.
Die Männer versuchen die schweren Fische auf die Boote zu hieven. 3.000 Jahre alt ist diese Fang-Methode, man nennt sie "Almadraba". Dieses arabische Wort bedeutet "Ort des Kampfes". Beim Fang immer dabei sind Japaner. Einer von ihnen lässt die Tiere fachgerecht ausbluten. Wohin der Fang denn gehe, fragen wir. Nach Japan ist die einsilbige Antwort, Interview beendet.
Autokonzern Mitsubishi kontrolliert den Markt
Die Spanier machen die Knochenarbeit, aber beaufsichtigt werden sie von den Japanern - Tokio bestimmt den Thunfisch-Markt fast vollständig. Autokonzern Mitsubishi gilt als größter Thunfisch-Händler der Welt.
Der kleine Ort Barbate hat stets vom Thunfisch gelebt, doch in den letzten Jahren wurde der immer weniger. Ihre Methode sei nachhaltig, sagen uns die Fischer in der Kneipe, denn sie würden nur fangen, was ihnen in die verankerten Netze gehe. Den industriellen Fang im Mittelmeer sieht man als Bedrohung - dort würde den Fischschwärmen regelrecht hinterhergejagt, meint Domingo Gonzales. "Die töten einfach alles, und sie benutzen Helikopter,Satellitentechnik, alles mögliche. Wir arbeiten nur mit unseren Netzen, das ist alles."
Illegaler Fang Bedrohung für den Thunfisch
Der Rote Thunfisch gilt als König der Meere. Jedes Frühjahr schwimmen sie aus dem Atlantik ins Mittelmeer, um sich fortzupflanzen. Doch seit den 90er-Jahren warten riesige Netze im Mittelmeer auf sie. Gejagt wird mit modernster Technik. Nun gibt es 80 Prozent weniger Thunfische als noch vor wenigen Jahrzehnten.
Umweltgruppen wie Oceana, WWF und Greenpeace haben in den letzten Jahren enormen Druck auf die europäische Union ausgeübt - mit Erfolg. Die Fangquoten für Thunfisch wurden halbiert, er hat sich auf niedrigem Niveau immerhin stabilisiert. Doch der illegale Fang geht weiter. "In Ländern wie Libyen gibt es aufgrund der aktuellen Situation keine richtigen Kontrollen, aber auch in Italien haben wir viele Probleme, dort wird weiter illegal gefangen und die erlaubte Quote überschritten", sagt Celia Ojeda.
Große Gewinnspanne
Die Profitspannen sind enorm. Kostet in Spanien ein Kilo Thunfisch fünf Euro, wird es in Tokio für 500 Euro verkauft. Im Roten Thunfisch steckt also eine Menge Geld - spanische Fischerdörfer leben davon. Doch die japanische Dominanz wird auch hier als Problem gesehen - man ist vollständig von der Nachfrage und den Firmen in Fernost abhängig.
Greenpeace hat in den letzten Jahren mit Schlauchbooten und Tauchern versucht, die großen Netze im Mittelmeer zu kappen. Im Visier der Aktivisten stehen spanische oder italienische Fangflotten, aber sie alle arbeiten im Auftrag der Japaner. "Die Industrie, die mit dem Roten Thunfisch handelt, ist sehr mächtig, sie hat viel Geld und gute Kontakte zu den jeweiligen Regierungen", sagt Celia Ojeda.
Traditionelle Fischerei fast verdrängt
In Barbate ist die traditionelle Fischerei fast völlig zum Erliegen gekommen. Früher wurde der rote Thunfisch noch vom Boot aus mit Treibleinen und Angelhaken gefangen - doch die lokalen Fischer haben fast alle ihre gesamte Fangquote an die Japaner verkauft.
Der Tagesfang der Fischer wird direkt zu einem japanischen Kühlschiff gebracht. Die Thunfische werden umgeladen, dann geht es auf dem See- oder Luftweg zur Firma Mitsubishi in Tokio.
Autor: Stefan Schaaf, ARD-Studio Madrid
Stand: 15.04.2014 11:17 Uhr
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