So., 10.03.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Südafrika: Wenn das Geld brennt
Wenn Jungs Schuhe lieben, dann gehören sie zu den Isikhothane. Umgerechnet 250 Euro zahlt Tebogo, für ein Paar. Das entspricht ungefähr dem Monatseinkommen von Tebogo Mampuvus Mutter. Er braucht die schrille Schuhe trotzdem. Das gehört zum Image.
"Für Samstag brauche ich was Neues. Mit altem Gummi gewinnst du nicht, meint "Der Löwe" Tebogo Mampuvu. Darum geht es ihnen - und nur darum. Gut aussehen, oder zumindest das, was sie unter gutem Aussehen verstehen. Und dann aufschneiden und zur Schau stellen.
Es ist ein Leben, das sie sich mitten im Tonwship eigentlich gar nicht leisten können. Auch wenn viele in den vergangen Jahren ein bisschen wohlhabender geworden sind, reich sind die wenigsten. Die Schuhe sind eine Extravaganz, die sich die Izikhothane leisten, um zur Gang zu gehören.
"Wenn Du nichts hast, hast Du keine Power"
"Nur wenn ich mir die schönen Kleider leisten kann, kann ich auch mitmachen. So einfach ist das. Wenn du nichts hast, dann hast du keine Power. Es zählt, wer Geld hat“, sagt Maufetzsame Radeb. "Nein, Gangster sind wir nicht", meint Tebogo. "Mit Kriminalität hat das nichts zu tun. Es ist doch nur ein Spiel. Wir stehlen nicht. Ein Spiel ist es, wir provozieren uns gegenseitig, darum geht es."
Männliches Imponiergehabe
Ungebrochenes männliches Imponiergehabe - im Alter von fünf bis 19 Jahren. Laut sein und auffallen um jeden Preis, weil sonst niemand von einem Notiz nimmt. Vielleicht steckt das psychologisch hinter der neuen Jugendbewegung in Südafrika. Die Izikhothane tanzen ihren Imponier-Tanz und leben den Moment. Manchmal essen oder verbrennen sie sogar Geld, nur um zu zeigen, dass sie es sich leisten können.
Kenny Kunene ist ihr Held
Vorbild für sie ist Kenny Kunene. Er ließ zu seiner Geburtstagsparty Sushi auf halbnackten Frauen servieren. "Die, die lecken" heißt Isikhothane übersetzt - in Anlehnung an diese Szene. Der Gangster hat es zu enormen Reichtum gebracht. Und den zeigt er neureich protzig. Geld zu verbrennen, das sei falsch, sagt er, wenn Kunene auf manche Eskapaden der Isikhothane angesprochen wird. "Ich verbrenne kein Geld, ich verschenke es", sagt er.
Kunene ist ein Extremist der neuen Mittelschicht. Eine Mittelschicht, die selbstbewusst und ehrgeizig ist, sich aber keineswegs auf ihr Protzen reduzieren lässt: "Wenn du nicht verstanden hast, dass Bildung der Schlüssel zu allem ist, dann bist du der dümmste Mensch der Welt", sagt Kunene.
Isikhothane entfremden sich von ihrer ärmlichen Welt
Kunene ist auch das Vorbild für Tebogo. Dass er ein Isikhothane ist, entfremdet ihn zunehmend von dieser ärmlichen Welt. Wenn sich einer die Kleider nicht leisten kann, erklärt Teboge seinem Vater, dann könne er nicht mitmachen. "Mein alter Freund hat dafür Verständnis, dass er nicht dazugehört. Aber er ist immer noch mein Freund."
Immer wieder versucht der Vater seinem Sohn ins Gewissen zu reden. Aber das Geld für die teuren Sachen gibt er ihm trotzdem. "Du darfst deine alten Freunde nicht ausschließen nur weil ihre Väter kein Geld haben". Eine Mahnung, die Tebogo sich anhört, sich aber neue Schuhe kauft. "Eigentlich ist er ein guter Junge", meint der Vater. "Er raucht nicht, nimmt keine Drogen und stiehlt nicht. Und er geht zur Schule, kommt mit guten Noten nach Hause. Dafür belohne ich ihn, eigentlich ist er ein guter Junge."
Dem neureichen Vorbild nacheifern
Die meisten von ihnen gehen zur Schule. Am Wochenende eifern sie dann ihrem neureichen Vorbild nach. "Das T-Shirt ist mein Kriegs-Outfit. Damit ziehe ich in den Krieg der Gangster heute Abend", sagt "Der Löwe". "Es ist mir egal was die Alten sagen, ob sie es für Verschwendung halten. Wenn sie mir Geld geben, ist es meins, und das ist es was ich kaufe", fügt Tebogo Mampuvu hinzu.
Vielleicht hat es auch etwas mit der Männerkultur von Soweto zu tun. Jungs und das Imponiergehabe - das hat Tradition. Vielleicht ist es aber einfach auch nur der sprichwörtliche "Tanz auf dem Vulkan". Für junge Menschen, deren Welt alles andere als stabil ist. die von bitterer Armut genauso umgeben sind wie von obszönem Wohlstand.
Autor: Ulli Neuhoff, ARD-Studio Johannesburg
Stand: 22.04.2014 13:56 Uhr
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