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Bangladesch: Nicht mit mir! - Der mutige Kampf gegen Kinderhochzeiten

Bangladesch: Nicht mit mir! | Bild: Das Erste
'Wedding Busters", die Hochzeits-Verhinderer in einem Dorf.
'Wedding Busters", die Hochzeits-Verhinderer, reden Eltern und Nachbarn ins Gewissen. | Bild: NDR

Die Nein-Sager sind Kinder, die sich die Kindheit nicht wegnehmen lassen. Die Wedding Buster verhindern Kinderhochzeiten - in der Provinz,  ganz im Norden von Bangladesch. Mutig sind sie. Dafür werden sie werden bewundert und bestaunt. Und: Ein bisschen auch gefürchtet.

Seit ihrem elften Lebensjahr ist Shirin dabei: "Ich will ein guter Mensch sein. Ich will etwas ändern. Ich will dass alle Kinder zur Schule gehen. So wie ich."

In Bangladesch gehen Mädchen nur zur Schule, wenn sie noch keine Hausfrauen sind. Shirin ist unverheiratet. Mit 14 - als Mädchen - eine Ausnahme. Als sie 11 war, war der Bräutigam schon gefunden, aber sie weigerte sich.

Frische Argumente gegen erstarrte Traditionen

Shirin
Shirin ist heute 14. Mit 11 sollte sie heiraten, aber sie weigerte sich. | Bild: NDR/Gabor Halasz

Die Wedding Buster um Shirin wollen, dass noch viel mehr Nein sagen. Deswegen machen sie unangemeldete Hausbesuche -wie ein Überfallkommando. Auf einmal stehen Jugendliche vor der Tür. Mit ihren frischen Argumenten treffen sie auf Menschen mit erstarrten Traditionen. Und Menschen, die nicht lesen und schreiben können. "Die Leute hier begreifen nur sehr schwer, was wir wollen. Wir müssen es ihnen erklären - immer und immer wieder“, erzählt Shirin.

Sie sind noch Kinder, allenfalls Jugendliche. Aber sie tun, das, was Politiker nicht tun. Sie erklären die Gesetzeslage. Frauen ab 18 dürfen heirate, Männer ab 21. Viele Eltern wissen das gar nicht oder es kümmert sie nicht. Denn ist die Tochter verheiratet, gibt es eine Esserin weniger zu Hause Und je jünger die Braut ist, desto billiger die Mitgift. Dabei ist völlig egal, ob die Töchter Muslima oder Hindu sind.

Shirin überzeugte ihre Eltern

Auch Shirins Familie wollte es so machen, wie alle. Auf einmal stand ein Mann in der Tür.  Shirin erinnert sich: Keine Ahnung, wie er hieß. Er war 21, vielleicht auch 23. Ich wollte nicht heiraten. Ich war doch noch ein Kind. Ein Mädchen, das so früh heiratet, wird schnell schwanger. Das ist gefährlich in dem Alter. Ich habe meinen Eltern das erklärt. Sie haben es irgendwie verstanden.

"Diese Fehler machen wir nicht noch mal"

Misti
Misti sagt, es war falsch zu heiraten. Aber nun ist es zu spät. | Bild: NDR/Gabor Halasz

Auch Din und Misti waren noch Kinder. Jetzt sind sie seit neun Monaten verheiratet. Din muss so um die 17 sein, Misti - seine Frau - 16,  vielleicht aber auch erst 15. Sie weiß es nicht genau. Die Schule hat sie abgebrochen. Bald kommt das erste Kind. Misti kocht, putzt und bedient. Das Leben ist wie ein Gefängnis.

Es fällt kaum ein Wort, von Liebe keine Spur. "Ich war 16 als wir geheiratet haben. Und ich dachte, die Frau sollte doch jünger sein. Deswegen habe ich dann sie geheiratet. Weil sie ja so um die 15 war", erzählt Din.

Und jetzt? Was erwartet er von seiner Frau? "Ich habe keine Ahnung", murmelt er. Misti gibt vor, sie habe aus Liebe geheiratet. Aber das glaubt sie wohl selbst nicht: "Es war falsch, zu heiraten. Wenn unsere Kinder groß sind, machen wir diesen Fehler nicht noch mal."

Shirin Berühmtheit im Dorf

Ihr Leben einfach so wegwerfen wollte Shirin nicht.  Sie ist jetzt berühmt im Dorf. Ihre Mutter soll um die 30 sein, vermutet sie jedenfalls. Shirin und ihre Eltern verstehen sich gut. Vielleicht lernten sie mehr vom eigenen Kind – als umgekehrt. „Mir tut es sehr weh, wenn ich daran denke, dass meine Eltern so früh geheiratet haben. Hätten sie gewartet bis sie 18 sind, es würde ihnen heute viel besser gehen“, glaubt Shirin

Das Leben selbst in die Hand nehmen – das hat Shirin geschafft. Und ihre Eltern sind sogar stolz – ein bisschen jedenfalls.

Aufklärung mit Theaterspiel

Ein Theater spielt ein Stück aus dem Leben
Riesiges Interesse: Ein Theater spielt ein Stück aus dem Leben. Es geht um Kinderhochzeiten. | Bild: NDR/Gabor Halasz

Die Wedding-Buster um Shirin gehen in die Dörfer du spielen Theater. Ein Stück aus dem Leben: Töchter müssen arbeiten, die Söhne gehen zur Schule. Und dann die arrangierte, unglückliche Ehe. Viel zu früh. Erst lachen die Zuschauer, dann weinen sie. Denn jeder kennt das.

Der Traum vom Studium

Shirin.wird sich ihre Jugend nicht stehlen lassen. Sie hat Großes vor: Sie will Ärztin werden. "Heiraten werde ich später. Darüber denke ich jetzt nicht nach. Ich habe Träume, aber erst studiere ich.  Und wenn dann ein passender Mann gefunden ist, kann immer noch ich entscheiden, ob ich ihn will"

Denn den Mann suchen in Bangladesch traditionell die Eltern aus. Dass sie einmal aus Liebe heiratet, das glauben nicht einmal Shirin und die Wedding Buster.

Autor: Gábor Halász, ARD-Studio Neu Delhi

Stand: 15.04.2014 10:47 Uhr

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Norddeutscher Rundfunk
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