So., 10.08.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
China: Roter Tourismus – Der ewige Krieg im Themenpark
Chinas KP überlässt bekanntlich nichts dem Zufall. Verbrämt in kommunistische Propaganda wird deshalb in einem eigens dafür eingerichteten Freizeit- und Vergnügungspark in Wuxiang in der Provinz Shanxi dem Geschichtsverständnis der eigenen Bevölkerung auf die Sprünge geholfen: Weil der Widerstand gegen die japanische Besatzungsarmee im Zweiten Weltkrieg noch immer eines der Lieblingsthemen der Führung ist, darf dort jetzt hemmungslos selbst Krieg gespielt werden.
Und der Herr von der Tourismusbehörde sagt: "Wir bringen den Besuchern bei, welche Schlachten die Armee damals schlagen musste, sie sollen diesen Teil unserer Geschichte nie vergessen. Wir wollen, dass die Menschen wissen, wie wertvoll der heutige Frieden ist." Was er damit meint: Wie wertvoll das heutige Regime ist. Die Exkursionen in diese "roten Tourismusstätten" sind also staatlich erwünscht. Sie werden sogar gefördert, um die "revolutionäre" Gesinnung zu stärken.
Krieg spielen beim Betriebsausflug
Bei einem Betriebsausflug verwandelt sich eine Gruppe von Bankangestellten in Soldaten. Für seine Gruppe hat Yao Yu die grauen Uniformen der Chinesen ergattert. Eine Ehre für Yao Yu und seine Mitstreiter. Die andere Gruppe hingegen windet sich in den ockerfarbenen Jacken der Japaner. In der Provinz Shanxi haben Chrina und Japan im Zweiten Weltkrieg gegeneinander gekämpft. Mehr als 70 Jahre später wird wieder geschossen. Doch bei den Bankangestellten gewinnen die Japaner.
Nächster Programmpunkt für den Bank-Betriebsausflug: das Museum. Die Gruppen sind in der Mehrheit Staatsangestellte, Schüler, Studenten und Soldaten. Im monumentalen Museumsbau Waffen, Schlachtpläne und Fotos vielerprominenter KP-Mitglieder. Der Kampf gegen die Besatzungsmacht Japan wurde vor allem dank derchinesischen Nationalisten, der Guomindang, gewonnen. Im heutigen China wird lieber die Rolle der Kommunistischen Partei überhöht. Mao Zedong mittendrin.
Der Sieg ist immer rot
Nach der Theorie wieder die Praxis. Die Bänker mühen sich übeine Hindernisbahn. Sie sollen so erahnen, wie hart das Training der Guerillakämpfer damals war. Nicht alle stellen sich dabei geschickt an. Nur ein kleiner Teil der jüngeren Generation macht Sport und bewegt sich regelmäßig.
Die tapferen kommunistischen Untergrundkämpfer und unterdrückten Bauern der Provinz Shanxi spielen die Hauptrolle bei den vielen Propaganda-Aufführungen. Die Geschichte ist immer die gleiche: Grausame japanische Unterdrücker. Die Dorfbevölkerung begehrt auf - gemeinsam mit den regulären Truppen der 8. Marscharmee werden die Japaner schließlich geschlagen. Diese Lesart der Geschichte hat sich in China durchgesetzt. Und der Sieg ist immer rot.
Autorin: Ariane Reimers, ARD-Studio Peking.
Stand: 13.08.2014 09:07 Uhr
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