So., 14.12.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Japan: Hausfrau oder Businesswoman - braucht das Land ein neues Rollenbild?
Yosuke und Hiromi Suzuki sind verheiratet haben drei Kinder und beiden arbeiten. So hätten Japans Politiker das gern: Ein Paar, zwei Jobs, drei Kinder. Für viele Frauen aber sieht der Alltag anders aus: oft ein Drittel weniger Gehalt als die Männer und nicht genug Krippenplätze. Die endlosen Überstunden, die Losung: "Keiner geht vor dem Chef" sowie die ewigen Besäufnisse nach Feierabend - mit Kindern und Haushalt ist das nicht vereinbar.
Erziehungsmänner und Erziehungsboss
Die Suzukis haben Glück, ihr Arbeitgeber hat erkannt, dass Produktivität etwas anderes ist als nur abgesessene Zeit: "Schon länger versuche ich, mir alles gut einzuteilen, weil ich mich auch um die Kinder kümmere", sagt Yosuke Suzuki. Dabei gab es für Männer, die so denken, und Chefs, die so etwas zulassen, im Japanischen gar keinen Begriff. Sie mussten erst erfunden werden: Ikumen und Ikuboss - Erziehungsmänner, Erziehungsboss.
Frau Suzuki weiß das zu schätzen. "Hier kann man nach der Geburt auch eine längere Pause machen. Von Müttern in anderen Firmen höre ich, dass viele extra früh wieder einsteigen, weil sie Angst haben vor der Zeit ohne Arbeit." Dazu gehört auch die Angst vor der "Mutterschafts-Schikane". Das heißt: Nach der Schwangerschaft bekommt die Frau nicht den alten Job zurück oder wird schlechter bezahlt oder gleich ganz rausgemobbt.
Frauen fehlen die Vorbilder
Kanako Nakai leitet Nach-Schwangerschaftsgymnastik-Kurse und ist zweifache Mutter. Als ihr Mann beruflich ins Ausland geht, verabreden beide, dass sie in Tokio bleibt - mit den Kindern und mit Job. "Eine Frau kann ihre Kraft nicht nur in der Familie und im Haushalt einsetzen, sie kann auch etwas leisten für die Gesellschaft. Wichtig ist nur, dass sie auch sieht, dass sie etwas bewirken kann", sagt Kanako Nakai.
Die Kinder sehen Mama deshalb nur selten. Doch es kommt Hilfe von einer Agentur. Die vermittelt unbedarfte Studentinnen wie Miku und Momoka - und das mit Absicht. Die beiden ahnen zwar nur, wie Salz aussieht und wissen nicht, wie eine Pfeffermühle funktioniert, aber sie wollen ja was lernen: Wie das ist mit zwei Kindern ist und wie, wenn die Mutter einen Beruf hat. Dafür fehlen nämlich vielen jungen Japanern die Vorbilder: "Früher dachte ich, wenn mal ein großes Ereignis passiert im Leben, Heirat oder Kind, dann müsste man aufhören zu arbeiten. Aber jetzt sehe ich: Man kann auch weiterarbeiten", sagt Studentin Momoka Hagiwara.
Kochkurse für Männer
Masaharu Takimura gibt Kochkurse im "Bistro Pap". Sein Ziel: Seine Kunden sollen sich aktin in ihren Familie einbringen - bevor diese noch vergessen, dass sie Familien haben. Das ist wie Erste Hilfe für die Frauen, die nur dann Fuß fassen werden in Japans Arbeitswelt, wenn die Männer mit anpacken, Takimura sagt: "Verbringt Zeit mit Eurer Familie, mit Euren Kindern, bevor es zu spät ist."
Japan: Nummer drei auf der Welt in der Wirtschaft, Nummer 104 bei der Gleichstellung - 40 Plätze hinter Bangladesch:
Autor: Uwe Schwering, ARD-Studio Tokio
Stand: 05.01.2015 09:16 Uhr
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