So., 28.09.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
USA: Jahrhundertdürre - Kalifornien ohne Wasser
"Wie Sie sehen, kein einziger Tropfen Wasser kommt hier aus dem Hahn!" Angelica Beltrán kann den Abwasch nur machen, wenn noch genügend Wasser in den Kanistern übrig ist. Für die Toiletten-Spülung sammelt ihr Mann Macario das Kondenswasser aus der Klima-Anlage. Seit fast sieben Monaten lebt die Familie jetzt so.
Das Haus der vierköpfigen Familie ist auf einen Brunnen im Garten angewiesen. Das ist nicht unüblich im ländlichen Kalifornien. Normalerweise reicht der Brunnen völlig aus, doch er ist versiegt.
Auf öffentliche Punpstation angewiesen
"Es gibt Momente, wenn ich allein bin, da hoffe ich nur noch, dass der Tag zu Ende geht. Wie lange kann das so weitergehen?", sagt Angelica Beltrán. Die Familie ist eine öffentliche Pumpstation angewiesen. Die örtliche Feuerwehr hat sie aufgestellt. Macario kommt mindestens zweimal die Woche . Insgesamt sind etwa 500 Familien betroffen. "In einem so großen, so führenden Land wie den USA in so einer Katastrophe zu leben, das ist schon ziemlich hart", meint Macario Beltrán.Seit drei Jahren leidet Kalifornien nun schon unter der Dürre. Verschärft hat die Situation ein besonders regen- und schneearmer Winter.
Spenden für Bedürftige
Donna Johnson konnte lange nicht glauben, unter welchen Bedingungen Menschen in ihrer Nachbarschaft nun leben. Aber sie wollte nicht tatenlos zusehen. Und begann, Spenden zu sammeln. Mehrmals die Woche liefert die 72-Jährige Trinkwasser an Bedürftige.
Die Wasser-Krise hat die Gemeinde zusammenrücken lassen. Auch wenn Donna oft am Ende ihrer Kräfte ist. "Es ist so wichtig für jemanden, der am Boden liegt, dass da jemand da ist, dem das nicht egal ist, der eine helfende Hand ausstreckt. Und davon gibt es hier eine Menge. Das bedeutet den Menschen unendlich viel."
Obst- und Gemüsegarten der USA verdorrt
Die Folgen der Dürre spüren aber nicht nur die privaten Haushalte. Porterville liegt mitten im 700 Kilometer langen Central Valley. Das kalifornische Längstal gilt als der Obst- und Gemüsegarten der USA. Hier findet etwa 80 Prozent der weltweiten Mandel-Produktion statt.
Harvey Bailey ist schon in der dritten Generation Obstbauer. So eine Trockenheit hat er noch nie erlebt. Elf Fussball-Felder ist dieser Orangenhain groß - alle Bäume sind verdorrt. Ein Totalschaden von 400.000 Dollar. Oft hilft dann nur noch der Bulldozer. Die umgerissenen Bäume werden geschreddert.
Zweimal täglich fährt Bailey sein Land ab. Um zu kontrollieren, ob die Brunnenpumpen überhaupt noch Wasser aus dem Grund holen können.
Bohren nach Wasser ein Wettrennen nach unten
Da Kanäle und Flüsse ausgetrocknet sind, gibt es für die verzweifelten Landwirte nur eine Lösung. Im Golden State wird nach flüssigem Gold gebohrt. Nicht nach Öl, sondern nach Wasser.
Dennis Rhodes nimmt seit Wochen keine neuen Brunnenbohr-Aufträge mehr an. Die Warteliste beträgt jetzt schon zwei Jahre. Immer tiefer zapfen sie das Grundwasser an. Der Pegel sinkt weiter. Immer mehr Brunnen versiegen. "Das trifft die privaten Haushalte am härtesten. Weil sich viele das nicht leisten können, tiefer zu bohren. Da sind im Prinzip zu viele Strohhalme, die alle aus dem selben Glas trinken wollen. Ein Wettrennen nach unten. Aber klar, die Bauern müssen ihre Ernte retten. Sie kämpfen, um ihre Höfe in Betrieb zu halten", sagt Dennis Rhodes.
Auch Walnuss-Farmer JR Shannon lebt buchstäblich auf Pump. Er hatte das Bohrunternehmen bereits im vergangenen Jahr gebucht, weil sein alter Brunnen zu versanden drohte. Er weiß, die Ernte im gesamten Tal wird so mager ausfallen wie lange nicht mehr: "Diese Dürre betrifft nicht nur uns Farmer, sondern Verbraucher weltweit, an die wir liefern. Wenn das Angebot durch die Trockenheit sinkt, werden die Preise steigen. Und ein großer Teil unserer Nahrung kommt eben von hier."
Hoffen auf Regen
In Porterville ist das momentan nicht die Hauptsorge der Familien ohne Leitungswasser. Zwar liefern auch die Behörden Wasser an Betroffene. Aber ohne die Hilfe von Freiwilligen wie Donna Johnson, würde das vielen Familien vorne und hinten nicht reichen. An manchen Tagen ist Donna bis spät Abends im Einsatz. Auch der Familie Beltrán bringt sie regelmäßig frisches Wasser.
Letztlich kann die Hilfe aber nur von oben kommen. In Form von Regen. Dafür beten sie jeden Abend. So wie alle hier im Tal.
Autor: Ingo Zamperoni, ARD-Studio Washington
Stand: 29.09.2014 09:00 Uhr
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