So., 20.07.14 | 19:20 Uhr
Gaza: Abgeschnitten - Das schmerzliche Schicksal der Zivilbevölkerung
Fahrt durch zerstörtes, zerbombtes Gebiet. Gaza-Stadt, es ist Krieg. Im Hintergrund feuert pausenlos die israelische Armee und das seit jetzt 13 Tagen. Zerstörung wohin man schaut. Menschen, die nicht wissen, wohin sie sollen. In einem Haus wohnten acht Familien. Dann schlug eine Bombe ein. Die Bewohner wussten nicht, was sie machen sollten, sind nach draußen gelaufen. Einer meint: "Nichts habe ich mitgenommen. wollte nur noch mich und meine Familie retten."
Auch heute wieder fliehen die Menschen. Vor allem aus Sadschaija, einem Vorort von Gaza-Stadt. Sadschaije ist am Morgen bombardiert worden. Mindestens 60 Menschen sollen getötet worden sein. Während pausenlos die Sirenen der Krankenwagen heulen, versuchen die Menschen das Nötigste einzupacken.
Fluchtziel: Schule der Vereinten Nationen
Die Großfamilie Speta ist seit Stunden unterwegs, zu Fuß, in der Sommerhitze. Es ist Ramadan, der Fastenmonat, essen und trinken ist verboten. Panik und Verzweiflung sind bei den Spetas zu spüren. Saker Speta: "Die ganze Nacht wurde geschossen. Wir haben gewartet bis es hell wurde, dann sind wir geflohen" Vor allem Frauen und Kinder sind am Ende ihrer Kräfte.
Itaf Speta hat ein Ziel: die Schulen der Vereinten Nationen. Denn hier gibt es etwas zu essen und etwas Sicherheit. Doch diese Einrichtungen sind überfüllt, seit Tagen, mit mehr als 65.000 Flüchtlingen. Und es werden immer mehr. Platz haben eigentlich nur die Hälfte. Saleh Speta: "Wir sind hiergekommen. Aber alles ist überfüllt. Jetzt müssen wir eine andere Unterkunft suchen. Uns ist aber klar, dass wir in Gaza nirgendwo sicher sind" Die Spetas aus Sadschaija müssen wieder weiter.
Es ist eine ständige Flucht
In der nächsten Schule wissen sie nicht, ob sie bleiben können. Zu viele sind auch hierher gekommen. Eine kurze Rast. Die Eltern sind verzweifelt. Saleh Speta: "Ich hoffe, dass die Araber und die Europäer sich schnell einmischen. Diesem Wahnsinn muss ein Ende zu gesetzt werden."
Die Menschen hier sind wütend. Sehen nach drei Kriegen in den letzten sechs Jahren keinen Ausweg mehr.
Überfüllte Krankenhäuser
Zur gleichen Zeit werden Schwerverletzte ins Shiva Krankenhaus in Gaza-Stadt gebracht. Ob sie überleben, niemand weiß es. Die Krankenhäuser sind seit Tagen überfüllt. Draußen warten die verzweifelten Angehörigen. Es wird rund um die Uhr operiert, um jedes Leben wird gekämpft.
Sie hoffen, dass der Strom nicht ausfällt. Wie so oft. Denn es gibt kaum Treibstoff für die lebenswichtigen Generatoren. Auch erfahrene Ärzte wie Samech sind ohnmächtig angesichts des Leides. Es fehlt überall.an Medikamenten. Samech Al Hattab: "Der letzte Krieg war schon schwierig, aber was heute geschieht, ist für mich persönlich noch viel, viel heftiger. So was habe ich noch nicht erlebt." Und wieder bringen sie eine Trage ins Krankenhaus. Samech muss weiter, er kann nur die Schwerverwundete behandeln. Auf den Gängen: verzweifelte Eltern, verzweifelte Kinder.
Schutzlos
Kinder, die ihre Eltern verloren haben, sitzen verlassen im Shiva-Krankenhauses und warten auf Nachrichten, die nicht kommen. Ein Kind erzählt: "Drei Raketen sind zu Hause eingeschlagen. Alles war kaputt. Ich bin mit meinen Geschwistern nach unten zum Krankenwagen gelaufen. Von meinen Eltern habe ich seitdem nichts mehr gehört."
Vor dem Krankenhaus: Tausende Flüchtlinge aus Sadschaija. Sie hoffen, dass das die Klink nicht beschossen wird. Aber die Furcht vor der nächsten Nacht bleibt.
Der Krieg im Gaza-Streifen: Die Hamas-Kämpfer haben sich längst versteckt, vergraben. Die Menschen auf der Straße aber sind schutzlos den Angriffen ausgesetzt.
Autor: Markus Rosch, ARD-Studio Tel Aviv
Stand: 01.09.2014 10:21 Uhr
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