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New York: Amerikas junge Wähler – umkämpft und oft noch unentschlossen

New York: Amerikas junge Wähler | Bild: WDR

Christina Cover schläft jede Nacht schlechter. Heute will die Demokratin nochmal für Kamala Harris werben. Aktiv werden, das hilft hoffentlich gegen ihre Sorgen – und Zerrissenheit. Wie viele junge Linke hadert die 27-Jährige mit der Israel-Politik von Harris, hätte sich ein Friedensplan gewünscht. "Die Spaltung zwischen Republikanern und Demokraten wird immer größer. Aber ich habe das Gefühl, auch innerhalb der demokratischen Partei wächst die Polarisierung und der Druck, was sehr bezeichnend sein könnte, bei den Wahlprognosen für diese Wahl", sagt sie.

Seit unserem letzten Treffen mit Christina im Sommer hat sich viel verändert. Eine neue Kandidatin, neue Hoffnungen – aber die alten Zweifel sind geblieben. Die Gen-Z ist laut Umfragen auch Generation Kamala, wenn sie denn wählen gehen. "Wir sind die Zukunft für unser Land, für beide Parteien. Deshalb ist es so wichtig, dass junge Wähler gehört werden in dieser Wahl, denn wir stellen demnächst die Mehrheit der Wähler", erklärt Christina Cover.

Jung und extrem konservativ

Schon bei dieser Wahl machen allein die unter 28-Jährigen ein Viertel der Wähler aus. 41 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner, die entscheiden könnten, wer ins Weiße Haus einzieht. Junge Leute mobilisieren, dafür ist auch Alexis Winters seit Monaten im Einsatz. Früher war sie mal Feministin und links, damals an der Uni sei das cool gewesen. Jetzt geht sie Klinken putzen für Trump, wie die meisten hier im Club der jungen Republikaner. "Ich bin überzeugt, junge Wähler sind der entscheidende Faktor in dieser Wahl. Und viele von ihnen sind zur konservativen Seite gewechselt. Denn viele haben das Gefühl, die Linke gibt ihnen nicht das was sie brauchen. Ihnen fehlt der gesunde Menschenverstand. Und eine Basis, auf der sie ihr Leben aufbauen können und eine Familie", sagt sie.

Vor fünf Jahren hatte der Club 40 Mitglieder, heute sind es 1200. Jung und extrem konservativ – für sie ein Erfolgsmodell. Das habe die AfD doch auch in Deutschland bewiesen. "Was immer sie tun, es funktioniert. Deshalb denken junge Leute in Amerika, wie sollen wir die Linken bekämpfen? Und gucken nach Europa, sagen, die AfD kriegt das gut hin. Vielleicht sollten wir uns davon was abgucken", erzählt Michael Bartels.

Auch Alexis haben wir vor vier Monaten zum ersten Mal getroffen, bei einem Foto-Shooting mit ihrer Freundin Becky. Damals hätten sie sich noch einen jüngeren Kandidaten gewünscht. Doch diese Zweifel sind verflogen. Halloween bei den Republikanern. Einmal noch durchatmen vor der Wahl. Alexis und Becky sind schon in Feierlaune, und noch überzeugter als im Sommer. "Wir können das Licht schon sehen, wir haben nur noch ein paar Tage. Ich fühle die Energie, die Begeisterung, für unsere Seite", sagt Becky Oliveira und Alexis Winters findet: "Wir fühlen uns mit jedem Tag motivierter. So wie Trump, der mit immer neuen Ideen kommt. Sein Auftritt in einem McDonalds, so etwas haben wir noch nicht erlebt. Politiker machen so was sonst nicht mehr."

Viele hier träumen den amerikanischen Traum. Heiraten, Kinder kriegen, viel Geld verdienen. Familien-Modelle wie früher – und Mann sein, so wie Trump. "Die traditionelle Männlichkeit wird von den Medien und der Politik stigmatisiert. Wir haben genug davon. Trump hört sich zumindest die Sorgen an, die wir jungen Leute haben, besonders junge Männer", erklärt Armen Tooloee.

Junge Menschen zum Wählen motivieren

Zurück in der Bronx. Christina erklärt ihrer Cousine, wie das geht mit dem Wählen. Im Sommer hatte sie uns Samantha vorgestellt. "Welcome to our humble abode." Die 24-Jährige lebt bei ihren Eltern, teilt sich ein Zimmer mit ihrem kleinen Sohn. Politik interessiere sie nicht, hatte sie damals gesagt – und wählen, warum? "Die hohen Mieten, das unsichere Gefühl in der U-Bahn. Junge Schwarze kaufen sich Waffen, sind in Gangs unterwegs. Es muss sich viel verändern." Das Treffen mit Christina im Sommer hat sie zum Nachdenken gebracht. "Ich habe noch nie gewählt, aber ich dachte mir: Ich werde älter, habe ein Kind, und mir ist wichtig, was in meinem Land passiert, in meinem Staat. Es ist wichtig, sich zu engagieren", sagt Samantha Edwards. "Weinst Du?" "Es bedeutet mir so viel, dich so zu hören", antwortet Christina Cover.

Eine Stunde später, vorm Wahllokal in der Bronx. "Die checken deinen Ausweis, deine Adresse", sagt Christina. Samantha macht Nägel mit Köpfen. "Wir müssen mehr Arbeit in den Communities leisten, damit mehr junge Leute das Gefühl bekommen, sie sind Teil der politischen Entscheidungen", erklärt Christina Cover. Eine Stimme für Harris – und für Christina die emotionalste: "Kamala, ich habe ein Auge auf dich. Wir werden gewinnen." Christina wählt erst am Dienstag. Aber nachdem ihre Cousine es vorgemacht, ist wohl klar – auch ihre Stimme geht an Kamala – für die jungen Wähler der Zukunft.

Autorin: Marion Schmickler / ARD New York

Stand: 03.11.2024 20:12 Uhr

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