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Philippinen: Scheidung verboten

Philippinen: Scheidung verboten | Bild: WDR

Massensprint über die Ziellinie der Ehe. An diesem einen Tag im Jahr 2023 geben sich 2023 Paare das Ja-Wort. Die Stadt Bacolod auf der philippinischen Insel Negros macht es den Verliebten einfach. Für Paare wie Miky und John, beide Mitte 20, ist die Trauung heute kostenlos. Wie viele hier könnten sie sich die Zeremonie anders gar nicht leisten.

Für John und Miky der wichtigste Tag ihres Lebens. Je pompöser der Rahmen, desto besser. Die aufwändige Massenhochzeit macht die Trauung zum Event. Es ist es eine Entscheidung für immer. Denn die Ehe kann nicht geschieden werden. Auch deshalb hat sie höchsten Stellenwert. "Endlich sind wir offiziell ein Paar. Ich bin froh, dass ich jetzt seinen Nachnamen trage", sagt das Brautpaar.

Scheidung gesetzlich verboten

Philippinen: Bei einer Massenhochzeit auf den Philippinen geben sich 2000 Paare das Ja-Wort.
Philippinen: Bei einer Massenhochzeit auf den Philippinen geben sich 2000 Paare das Ja-Wort. | Bild: WDR

Heirat ist leicht. Scheidung unmöglich. April Tadios wünscht sich mit 41 Jahren nichts sehnlicher als eine Scheidung. Rechtlich ist das nicht erlaubt. April muss allein für ihre Tochter sorgen. Ihr Ehemann machte sich schon vor Jahren aus dem Staub. Juliana hat ihren Vater seitdem kaum gesehen. Mit den Fotos im Familienalbum verblasst die Erinnerung. Sie endet, als der Mann Arbeit im Ausland sucht – wie viele andere von hier. Später bricht er den Kontakt ab. Keine Scheidung, das heißt auch kein Unterhalt. "Ich habe Angst, dass ich Ihr nicht alles geben kann, was sie braucht. Wenn sie mich um etwas bittet, dann sage ich: Hab noch etwas Geduld, wir können uns das jetzt nicht leisten, wir haben gerade kein Geld. Sie versteht das. Sie sagt dann: Mami, das ist schon ok. Meine Tochter hat zum Glück eine freundliche Art, deshalb haben wir keine Probleme miteinander", erzählt die alleinerziehende Mutter.

Was Gott zusammenfügt, darf der Mensch nicht trennen. Der Satz aus dem Neuen Testament gilt nur noch in zwei Ländern der Welt auch vor dem Gesetz. Im Vatikan und auf den Philippinen. Für Pater Jerome Secillano ist die Scheidung nicht das geeignete Mittel, um Beziehungsprobleme zu lösen. Die Philippinen sind für ihn nicht das Schlusslicht, sondern eine Flamme in der Dunkelheit: "Die Umstände sind nun mal verschieden. Wir müssen nicht wie die anderen Länder sein. Wir sollten sogar stolz darauf sein, dass wir daran festhalten. Dass wir die Ehe als eine Institution beschützen. Also nein zur Scheidung."

Reformversuche gestalten sich schwierig

Als Ausweg akzeptieren Kirche und Staat nur die Annullierung. Die Ehe hat dann auf dem Papier nie existiert. Ein langwieriger Prozess, den nur Wohlhabende bezahlen können. Viele Reformversuche sind gescheitert. Zerrieben in einem komplizierten politischen System. Der erfahrene Liberale Edcel Lagman musste im Parlament mitansehen, wie verschoben und verschleppt wurde – zuletzt wegen der Pandemie. Für seinen neuen Gesetzentwurf hofft er auf die Einsicht der beiden Parlamentskammern und des Präsidenten. "Die Ehe soll ja eigentlich der Himmel auf Erden sein. Aber manche gehen durch die Hölle. Der Mensch macht nun einmal Fehler. Viele müssen deswegen schreckliche Qualen erleiden. Vor allem Frauen, die misshandelt oder verlassen werden. Wir müssen denen helfen, die sich in einer Notlage befinden", erklärt Edcel Lagman.

Philippinen: Das Verbot trifft Frauen besonders hart – viele Männer verschwinden und zahlen keinen Unterhalt.
Philippinen: Das Verbot trifft Frauen besonders hart – viele Männer verschwinden und zahlen keinen Unterhalt. | Bild: WDR

April Tadios hält sich als Babysitterin über Wasser. Seit mittlerweile acht Jahren lebt sie nun getrennt von dem Mann, mit dem sie immer noch verheiratet sein muss, und der sie nicht unterstützt. Ihre Verwandten helfen ihr über die Runden, weil der Gesetzgeber versagt. "Es ist traurig für die, die endlich von ihren Ex-Partnern loskommen wollen und es nicht können, weil sie immer noch verheiratet sind. Wohin du auch gehst, du trägst immer seinen Namen mit dir. Als ich erfahren habe, dass es doch noch eine Chance auf Ehescheidung gibt, da spürte ich wieder Hoffnung, dass ich eines Tages die Papiere einreichen kann, und dass wir dann endgültig getrennt sein werden", sagt sie.

Für John und Miky beginnt mit der Heirat das selbstbestimmte Leben. Die Philippinen sind ein konservativ geprägtes Land. Auch deshalb ging es mit dem Scheidungsrecht nicht voran. Die Haltung ändert sich nur langsam. "Ich mag Scheidung nicht. Du musst dir sicher sein über die Partnerin, bevor du heiratest. Wenn Du nicht sicher bist, dann heirate halt nicht. So einfach ist das." "Ich denke, Scheidung ist ok. Selbst wenn du jemanden schon lange kennst, wirst du nicht immer wissen, was die Person denkt und was in ihr vorgeht. Man kann nicht vorhersehen, was die Zukunft bringt."

Sollten sie eines Tages nicht mehr so glücklich an diesen Moment denken, dann müssen sie vielleicht nicht länger zusammenbleiben, als sie es wollen.

Autor: Ulrich Mendgen / ARD Studio Tokio

Stand: 07.05.2023 19:43 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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