Sa., 30.10.21 | 16:30 Uhr
Das Erste
Weltspiegel-Reportage: Russland – Vom Manager zum Dorflehrer
Warum ein junger Russe seine Karriere aufgibt
Bis September war er Manager in einem internationalen Konzern. Hoher Verdienst, Dienstwagen, viele Auslandsreisen. Ein Leben in einer vorgezeichneten Bahn, ein Traumjob für viele junge Russinnen und Russen. Doch Nikolai Stopnewitsch, 39 Jahre alt, hat hingeschmissen, ist jetzt Lehrer in Demjan Bedny, einem Dorf mit 680 Einwohnern, rund 500 Kilometer südlich von Moskau. Für ein Zehntel seines bisherigen Gehalts.
Warum macht er das? Was treibt ihn zu diesem Schritt, den seine Freunde verstehen und sein Vater verurteilt? "Früher hatte ich die Arbeit und mein Leben fing danach an", sagt Nikolai: "Arbeit und Leben, das will ich zusammenbringen. Und der Gesellschaft, die mir eine gute Ausbildung ermöglicht hat, etwas zurückgeben."
Eine neue Perspektive
Nikolai nimmt am Programm "Lehrer für Russland" teil, das es seit 2015 gibt und das Bildung auf die Dörfer bringen soll. Bildungschancen hängen in Russland stark vom Wohnort ab: Wer auf dem Dorf wohnt, schafft es nur schwer auf eine Uni.
Das Programm vermittelt junge Lehrerinnen und Lehrer – auch Quereinsteiger wie Nikolai – für ein oder zwei Jahre an abgelegene Schulen. Für wenig Geld, aber mit der Möglichkeit, eine neue Perspektive für sich zu entdecken.
Die "Weltspiegel"-Reportage begleitet den jungen Lehrer Nikolai. Bei seinem Abschied in seiner Heimatstadt Samara an der Wolga, bei seinem Umzug ins Dorf. Die ersten schwierigen Tage in einer völlig neuen Umgebung, ohne die Annehmlichkeiten der Großstadt. Und schließlich die ersten Tage als Dorflehrer.
Inzwischen sind einige Wochen vergangen. Die Arbeit mache ihm Spaß, sagt Nikolai: "Und wer weiß, vielleicht bleibe ich für immer."
Eine Reportage von Joachim Angerer
Stand: 27.10.2021 16:25 Uhr
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