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Schweden: Gotland zwischen Tourismus und Militär

Schweden: Gotland zwischen Tourismus und Militär | Bild: Christian Blenker / ARD Stockholm

Perle der Ostsee nennen die Gotländer ihre Insel liebevoll: klares Ostseewasser, viele Sonnenstunden und gemütliche Dörfer – Entspannung pur.
Cecilia Werkelin ist in dieser schwedischen Idylle aufgewachsen. Seit fünf Jahren betreibt sie ein kleines Hotel, 180 Betten gibt es. Im Sommer sind sie immer ausgebucht: "Es ist außerordentlich schön hier. Und jetzt ist die allerbeste Zeit! Alles ist sauber und grün. Man muss nicht weit fahren und hat das Gefühl, am Mittelmeer zu sein."
Ihre Gäste kommen aus den großen Städten, erzählt sie. Weil sie hier in der Natur einmal so richtig abschalten können. Doch in letzter Zeit wird die Ruhe immer wieder gestört: "Das schwedische Militär hat in der Nähe einen Schießübungsplatz; den haben sie ausgebaut. Lange war da nichts los. Aber in den letzten drei, vier Jahren sind sie dort deutlich aktiver geworden. Die Übungen nehmen zu. Die Gäste fragen dann, wenn es knallt. Dann merken sie erst, wie nahe wir dran sind."

NATO-Übungen auf Gotland

Geschossen wird derzeit viel auf Gotland. Hier üben gerade amerikanische Einheiten.
Lange trainierten auf diesem Truppenübungsplatz nur etwa 400 Mann der Heimwehr, ein Freiwilligenverband. Doch Schweden rüstet auf. In den kommenden Jahren will das Land bis zu 4500 Männer und Frauen dauerhaft nach Gotland verlegen. Und auch solche internationale Übungen werden Alltag.
Am Hafen von Visby bringt ein NATO-Transporter Hunderte weitere amerikanische Soldaten. Sie sollen in den nächsten Tagen gemeinsam mit den Schweden trainieren.

Seit drei Monaten ist Schweden NATO-Mitglied – und auf Gotland alles anders: die Ferieninsel ist nun für das Verteidigungsbündnis ein wichtiger Stützpunkt. Und bei den Soldaten ein beliebtes Selfie-Motiv. Von hier aus sollen Angriffe im gesamten Ostseeraum abgewehrt werden. 12.000 Soldaten aus 19 Ländern üben deshalb Manöver in der Ostsee.
Fast alle schwedischen Exporte gehen über das Wasser. Doch in jüngster Vergangenheit gab es genau hier Angriffe: Sabotage an Datenkabeln, Cyberangriffe oder Störungen von GPS.

Doch wenn die NATO mehr Militär nach Gotland schickt, könnte das bedeuten, dass für die Urlauber künftig weniger Platz bleibt, fürchten hier manche.
Matthias Nordberg hat eine Bar nahe am Strand, eine kleine Oase zum Feiern für die Insulaner. Früher war er stolz, dass Schweden bündnisneutral war. Mittlerweile hat er seine Einstellung geändert: "Ich habe eigentlich immer an Frieden geglaubt und daran, dass wir die Verteidigungsanlangen abbauen und in Harmonie miteinander leben können. Aber in letzter Zeit sind so viele merkwürdige Dinge in der Welt passiert, dass wir uns tatsächlich etwas unsicherer fühlen. Jetzt finde ich selbst die NATO-Mitgliedschaft gut. Mein ganzes Leben lang war ich dagegen."
Abschreckung durch starke Militärpräsenz – an diesen Anblick werden sie sich nun auf Gotland gewöhnen müssen. Eine Perle soll ihre Insel dennoch bleiben, hoffen sie hier.

Autor: Christian Blenker, ARD Stockholm

Stand: 16.06.2024 19:48 Uhr

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