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Schweiz: Wintersport trotz Klimawandel

Schweiz: Wintersport trotz Klimawandel | Bild: SWR

Im Berner Oberland stellt sich ein Tal mit einem alternativen Winterurlaubsangebot auf den Klimawandel ein: Eisfischen, Schneeschuhwandern und Fondue im Iglu. Möglicherweise eine Alternative, die Schule machen könnte. Denn der technische Aufwand, um Schnee zu garantieren wird immer höher. Das können sich nur noch die ganz großen Skigebiete leisten.

Zu wenig Schnee zum Skifahren

Das Stockhorn im Berner Oberland. Abseits vom Massentourismus. Zum Skifahren würde der Schnee wohl nicht reichen, aber Natur und Entspannung, davon gibt es hier viel. Darauf setzen sie im Tal, als Alternative zum Skizirkus. Eisfischen bieten sie hier an. Jetzt heißt es warten. Michael Grauwiler und seine Tochter Kiara kommen häufig hier her – gerade, weil hier der typische Skitrubel fehlt, erzählt uns Michael. "Ja, es ist viel ruhiger das Ganze, auch die Ruhe in der Natur und so, und auch der Betrieb der Ski, Après-Ski, Bars, und und und… "

Menschen mit Schneeschuhen
Schneeschuhwandern als Alternative zum Skifahren? | Bild: SWR

Wer sich lieber mehr bewegt und das Gebiet zu Fuß erkunden will, leiht sich dafür Schneeschuhe. Doris und Niklaus Götti haben sich darauf verlegt. Früher lief Niklaus Götti hier selber Ski, damals gab noch einen Lift. Doch weil die Tage mit genug Schnee immer weniger wurden, stellte der Lift seinen Betrieb ein. Fehlt Ihnen das gar nicht? "Ja, ich finde es schade, dass die Veränderung der Klimaverhältnisse, die die Schneefallgrenze immer höher, dass die immer höher wird. Und mit dem müssen wir leben und auch Alternativen suchen für den Ausgleich vom Sport." Eine Herausforderung für das ehemalige Skigebiet, dessen Tourismusangebot mittlerweile ohne Skisport auskommt.

Schneekanonen als Antwort auf den Klimawandel

Nicht weit von hier dreht sich hingegen noch alles ums Skifahren: Im viertgrößten Skigebiet der Schweiz, in Adelboden-Lenk. Doch auch hier auf 1.500 Metern und höher liegt an immer weniger Tagen im Jahr Schnee. Technisch stemmen sie sich hier gegen den Klimawandel, die Betreiber haben massiv in Schneekanonen investiert. Rund 150 von ihnen beschneien die Pisten vor Saisonbeginn, und auch während der Saison helfen sie mit Schnee nach – meistens nachts, wenn es kalt genug ist, erklärt uns Nicolas Vauclair, der Geschäftsführer der Bergbahn. "Ich mach immer den Vergleich: das ist eine Versicherung. Die Gäste kommen zu uns, zum Schifahren. Wenn es keinen Schnee hat, dann können sie nicht Ski fahren, dann kommen sie nicht."

Schneekanone
Mancherorts ist Wintersport nur noch mit Hilfe von Schneekanonen möglich  | Bild: SWR

 Am Computer können die Mitarbeiter jederzeit die Schneedicke kontrollieren. Das Wasser für die Schneeproduktion wird über ein weit verzweigtes Rohrsystem aus dem Tal nach oben gepumpt. "Das ist ein ganzes Netz, Wasser hat es hier unten, wir können aus dem Talboden pumpen. Wir haben hier oben einen Speichersee, dazwischen überall Pumpstationen." Ein System, das jede Menge Geld und Energie benötigt, dafür aber Schneesicherheit garantiert. Die Kalkulation scheint aufzugehen: bis zu 30.000 Besucher sind täglich auf den Pisten, über eine Million sind es pro Saison. Laut Prognosen werde es in den nächsten 20 Jahren trotz Klimawandel kalt genug bleiben, um in hohen Lagen zu beschneien, glaubt Nicolas Vauclair. Was machen Sie, wenn’s schneller geht und die Prognose falsch ist? "Im Moment gibt es keinen Plan B. Vielleicht wird sich die Entwicklung so gestalten, dass man zurückbaut. Dass man kleinere Bahnen macht und wir auf weniger Gäste angewiesen sind."

Alternativen zum Skifahren

Bis dahin setzen sie in Lenk allein auf den Skisport. An der Piste werden die Skilehrer für die kommenden Jahre ausgebildet. Ein paar Runden sind sie heute schon gefahren. Doch auch sie machen sich Gedanken, wie lange Skifahren in der heutigen Form noch bestehen wird. "Die Tourismusbranche hier, die müssen das komplett anders machen", meint Lia Blaser. "Entweder mega beschneien, oder es wird Skihallen geben, oder keine Ahnung. Aber so wie heute sicher nicht mehr."

Menschen im Iglu
Käse-Fondue im Iglu | Bild: SWR

Am Stockhorn wurden die Skigäste immer weniger, Geld für massive und zudem unsichere Investitionen hatten sie nicht. Statt Skifahren gibt es ein touristisches Winter-Komplett-Paket – inklusive Iglu. Hier servieren sie zwischen Skulpturen aus Eis Käse-Fondue, für uns und für eine Gruppe aus Bern, die Junggesellinnenabschied feiert. "Wenn man heutzutage die Wettersituation anschaut, sieht man, wie schwierig es wird, in Bern und Umgebung, was zu finden, wo man Ski fahren kann", sagt Trauzeugin Michelle Bernasconi. "Und dann finde ich es eine gute Idee, wenn man einen Plan B hat und etwas anderes anbieten kann, was nicht jeder andere hat."

Noch ist das Ganze hier die Ausnahme. Ein Konzept, das noch in den Kinderschuhen steckt. Aber mit Potential auf den Winterurlaubsmarkt in den Alpen. Denn in Zukunft werden sich nur noch die ganz großen Skigebiete das Beschneien leisten können.

Autor: Christian Saathoff, ARD-Studio Genf

Stand: 12.01.2020 21:15 Uhr

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