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Senegal: Die freiwilligen Rückkehrer

Mit Waschmaschinen in eine bessere Zukunft. Das war Matars Plan. Eigentlich. Er war als Migrant in Spanien und in Deutschland. Dann ist Matar Fall in seine Heimat zurückgekehrt. Freiwillig. Auch weil er eine finanzielle Starthilfe bekommen hat.

Hoch verschuldet zurück nach Senegal

Senegal: Gefrustet nach der Rückkehr in den Senegal: Matars Geschäft mit Waschmaschinen läuft nicht
Senegal: Gefrustet nach der Rückkehr in den Senegal: Matars Geschäft mit Waschmaschinen läuft nicht

Matar wollte eine Wäscherei im Senegal aufmachen. 3.500 Euro hat er dafür bekommen. EU-Geld. Sechs gebrauchte Waschmaschinen hat er sich in Deutschland gekauft und mitgebracht. Doch das Projekt hat nicht funktioniert. "Im Senegal gibt es kaum Wäschereien. Es hätte ein bis zwei Jahre gedauert, bis sich so ein Laden herumspricht und angenommen wird. Aber so viel Geld hatte ich nicht. Ich konnte mir die Miete nur für drei Monate leisten. Und am Ende, ich lass einfach...ich mach die Lade zu. Weil ich kein Kapital mehr habe."

Vielleicht hat er auf die falsche Geschäftsidee gesetzt, meint Matar. Geld als Rückkehrhilfe sei zwar eine gute Idee. Doch es wäre wohl besser gewesen, jemand hätte ihn hier vor Ort beraten.

Matar belastet das. Seine Eltern hatten sich verschuldet, damit er nach Europa geht – mit der Hoffnung, dass er dort einen Job bekommt und ihnen Geld schickt.

Das ist fast acht Jahre her. Jetzt steht er mit leeren Händen vor ihnen. Seine Mutter hat einen kleinen Straßenladen. Das meiste, was sie einnimmt, geht noch immer für die Schulden drauf. Verbergen kann sie ihre Enttäuschung nicht.

"Ich danke Gott dafür, dass mein Sohn lebend zurückgekehrt ist. Aber ich hätte mir gewünscht, er wäre anders zurückgekommen. Mit Geld oder einer guten Arbeit. Damit er uns helfen kann. Aber das kann er nicht. Er hat ja nichts", sagt Ndayasin Gaye, Matars Mutter.

Europa – nicht die Glitzerwelt aus dem Fernsehen

Senegal: Rückkehr aus Europa, viele Senegalesen kehren freiwillig zurück und hoffen auf einen Neustart
Senegal: Rückkehr aus Europa, viele Senegalesen kehren freiwillig zurück und hoffen auf einen Neustart

Für viele Migranten ist die Angst, als Versager dazustehen, der wichtigste Grund, nicht freiwillig zurück zu kehren. Matar macht jetzt wieder das, was er vor seiner Flucht gemacht hat: Er arbeitet in der Kfz-Werkstatt seines Vater. Er hätte seinem Vater gerne einen größeren Laden gekauft. Doch er hat in Europa kaum etwas verdient, manchmal reichte es nicht einmal für etwas zu Essen. Seinen Vater schmerzt das. Doch sie alle dachten, es sei ihre einzige Chance auf eine bessere Zukunft. "Wir Afrikaner sind hart arbeitende Menschen, wir sind nicht faul. Aber unsere Politiker kümmern sich nicht um uns. Hier würde doch keiner fliehen, wenn er eine Arbeit hätte. Aber es gibt Männer mit 30, die können sich nicht mal eine Tasse Tee kaufen. Die sehen keine andere Alternative", erzählt Mamadou Fall, Matars Vater.

Deshalb ist auch Matar damals gegangen. Heute weiß er es besser, sagt er. Europa sei nicht die Glitzerwelt aus dem Fernsehen. "Egal wie wenig ich habe, es ist gut für mich, wieder hier zu sein und mein Geld hier zu verdienen. Ich denke, dass ich es auch in meinem Land zu etwas bringen kann, weil ich es mag zu arbeiten. Und ich bin noch jung und mein Leben liegt noch vor mir."

Und "Rückkehrer" wie Matar werden immer zahlreicher. Nirgendwo sonst im Senegal wird das so deutlich wie in dem kleinen Fischerort "Tscharoy sur Mer". Fast in jeder Familie hat ein Sohn oder eine Tochter die Flucht nach Europa gewagt.

Jetzt hat der Ort etwa 340 Rückkehrer. Sie haben sich zu einem Verein zusammengeschlossen, um einander zu helfen und um der nächsten Generation einzuschärfen, nicht zu fliehen. Moustapha Diouf, dem Präsidenten des Vereins, liegt das besonders am Herzen. Auf der Flucht hat er seinen Bruder ertrinken sehen – so etwas sollte niemand durchmachen, sagt er.

Starthilfe kommt nicht an

Senegal: Matar arbeitet jetzt wieder bei seinen Eltern – nach Europa möchte er nicht mehr
Senegal: Matar arbeitet jetzt wieder bei seinen Eltern – nach Europa möchte er nicht mehr

Viele der Männer sind "freiwillige" Rückkehrer. Ihnen sei versprochen worden, dass sie eine Starthilfe bekommen. Doch passiert sei nichts. "Vor einigen Jahren war hier eine Delegation der Europäischen Union. Spanier, Deutsche – die haben versprochen, uns Fischerboote zu finanzieren, damit die Rückkehrer Arbeit finden und nicht wieder fliehen. Aber nichts ist passiert. Stattdessen haben sie Verträge mit unserer Regierung abgeschlossen und denen Geld geschickt. Doch was meinen Sie wieviel davon bei uns angekommen ist? Nichts!", sagt Moustapha Diouf, Präsident des Vereins für Rückkehrer.

Nun plant die deutsche Regierung erneut so genannte "Migrationspartnerschaften" mit einigen afrikanischen Ländern. Darunter auch dem Senegal.

Moustapha ist besorgt. Er hofft, dass es nicht wieder damit endet, dass das Geld in irgendwelchen Kanälen versickert.

Erfolgreiche Rückkehrer

Wie es besser laufen kann, sieht man in einer Hühnerfarm nahe der Hauptstadt Dakar. Hier haben sich Rückkehrer wie Sokhma Gueye und Abdou Diop zu einer Kooperative zusammengeschlossen.

Sokhma ist von ihrer Flucht tief traumatisiert. In Libyen wurde sie zur Zwangsarbeit gezwungen, in Spanien musste sie auf der Straße schlafen und konnte sich nur von Abfällen ernähren. So hatte sie sich Europa nicht vorgestellt. Als ihr eine Hilfsorganisation 600 Euro anbietet, damit sie freiwillig zurückgeht, stimmt sie zu. Trotz der Angst als Versagerin dazustehen.

Aber dann haben sich etwa 100 Rückkehrer wie sie mit Hilfe der UN zusammengeschlossen. Und diese Hühnerfarm gegründet. Viel verdienen sie hier nicht. Aber sie kommen über die Runden. Und es sei allemal besser als gar keine Arbeit zu haben.

Gegenbewegung zur Flucht nach Europa

"Ich habe Freunde, die sind Migranten in Italien. Wenn ich mit denen rede, sagen sie, sie würden gerne zurückkommen und in unserem Projekt mitarbeiten. Weil sie dort nur rumsitzen und nichts machen. Die haben keine Arbeit", berichtet Abdou Diop. "Wenn ich in einen Bus steige und höre, dass junge Leute darüber reden, nach Europa zu fliehen, mische ich mich ein und sage ihnen, sie sollen hier bleiben. Denn wenn man nach Europa geht und überhaupt was verdient, kann man nichts davon nach Hause schicken, es reicht nicht. Ich rate ihnen sehr ernsthaft hier zu bleiben", sagt Sokhma Gueye.

Europa ist nach wie vor für viele junge Menschen so reizvoll wie die Lotterie. Es könnte ja klappen mit einer besseren Zukunft. Einen Versuch ist es für viele wert.

Doch mit den Rückkehrern, ihren Erlebnissen und Geschichten bildet sich im Senegal allmählich eine Art Gegenbewegung: Eine Generation, die vor der Flucht warnt. Und vor Europa.

Autorin: Shafagh Laghai/ARD Nairobi

Stand: 14.07.2019 17:32 Uhr

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