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Südkorea: Senioren auf dem Laufsteg

Sie treffen sich vier Mal im Monat in einem Proberaum in Seoul. Ihre Vorbilder im Unterricht sind die Senioren-Stars der örtlichen Modemessen. Dass ihre Gesichter glänzen wie eingeölt, ist auch ein Trend: Glas-Haut, heißt das. Am Ende wird ausgewählt, wer weiterkommt. Kursleiterin Kim Pamin: "Unser Land ändert sich. Es gibt mehr Alte, die sich zudem jünger fühlen. Diese Kurse sind Ausdruck davon."

Nur wenige Gehminuten weiter, Wachwechsel am historischen Königspalast. Tatsächlich stoßen Besucher Südkoreas auf ein denkbar buntes Nebeneinander von Traditionen einerseits und poppigem Wandel andererseits. Von Saison zu Saison wechseln die Haarfarben. Lange gab dabei allein die Jugend vor, was "trendy" war. Nun aber scheinen die Grenzen aufzuweichen, auch in der Arbeitswelt: Drei Stunden täglich wäscht Frau Im auch mit 75 noch das Geschirr einer Suppenküche. So bessert sie ihre Rente auf und belastet nicht ihre Kinder, die hier weithin ihre Eltern mitversorgen: "Ich brauche auch Geld für meinen Fitness-Trainer", sagt sie uns. "Denn für den Laufsteg reicht es nicht, nur ein bisschen zu joggen oder Gymnastik zu machen."

Alterndes Südkorea

Dass Südkoreas alternde Gesellschaft eine schwere Zukunft vor sich hat, spiegeln auch amtliche Statistiken: Kein Land der Welt altert derzeit schneller. Die Sozialsysteme versagen, auch wenn späte Karrieren wie die von Frau Im darüber leicht hinwegtäuschen. Wenn es gilt, im Alter durchzustarten, scheut sie keine Bühne. Sogar als Senior Bodybuilder war sie siegreich.

Es ist der Tag der nächsten Laufsteg-Entscheidung. Der Trainer ist da auch Ratgeber. Sie achte seit Jahren auf ihre Ernährung, sagt sie, auf reichlich Proteine und auf den Blutdruck.

Zunächst noch zum Foto-Termin, alles wie bei den Jungen auch: Pose, Frisur, der eigene Stil. Nur eben "senior".

Wir treffen einen, der es geschafft hat: seit zehn Jahren Rentner und gefragtes Model, zuletzt für einen Werbespot einer Versicherung gegen Brand- und Wasserschäden. Jang Yong Bok, Senior Model: "Andere hatten mir das damals empfohlen, allen voran meine Frau. Ich will nicht angeben, aber sie meinten, ich sähe noch gut aus und sei attraktiv. So fing es an. Ganz wichtig ist auch der Gang", erklärt er mir: "Aufrecht, locker, und immer ein Lachen auf den Lippen. Nicht wahr?"

Dann naht die Entscheidung. Der Preisrichter ist da. Aus 30 Kursteilnehmern muss er aussortieren, wer in die nächste Runde darf. Frau Im hört vom Preisrichter, dass er ihr allen Ernstes seinen Friseur empfiehlt. Dann schildert sie ihm, wie hart sie täglich für ihre Model-Laufbahn arbeitet.

Am Ende werden alle, mit denen wir gesprochen haben, weiterkommen auf ihrem späten Weg zum Model-Vertrag und ins Guiness Buch.

Autor: Klaus Scherer, NDR

Stand: 02.02.2020 22:13 Uhr

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Bayerischer Rundfunk
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